Die Kampagnen der Phönix-Welt

„Die Dunkle Bedrohung“ – Veröffentlichungen und Berichte

“Die Dunkle Bedrohung” kam aus dem Norden, dem Chaos-Reich Kolte und resultierte aus dem Erwachen des Chaos-Gottes Malagash. Dieser betrachtete seine eigene Schöpfung als verloren an und befahl seinen Anhängern, die Zerstörung jener besagten Schöpfung. Die Mühen, das Leben und somit die Phönixwelt zu bewahren, erschreckten sich von Events in Anguir bis nach Sythia und dauerten über ein Jahrzehnt. “Die Dunkle Bedrohung” endete schließlich auf der Con “Der Splitter im Herzen”, wo die Machenschaften des Chaos-Gottes vereitelt werden konnten, jedoch um welchen Preis?

Die Welt hat sich verändert nachdem die Smaragdtafel zerstört wurde und die Bedrohung durch Malagash und Kolte, zumindest zunächst, abgewehrt wurde. Hier findet ihr den Status Quo für alle Länder nach den Ereignissen in Sheldiria.

Nach wie vor ist es noch unklar, was genau in Sheldiria geschah, nachdem eine kleine Truppe im Auftrag des Rates von Farnau den koltischen Belagerungsring durchbrach und ins Innere des Dschungelreiches vordrang. Zu phantastisch klingen die Berichte derer, die angeblich dabei waren.

Als gesichert kann angenommen werden, daß die koltische Bedrohung dort besiegt wurde. Angeblich wurde dabei die legendäre Smaragdtafel zerstört, eines der ältesten und sagenumwobensten Artefakte der gesamten Welt. Und das wohl buchstäblich in letzter Sekunde; sah es doch schon aus, als wäre das Ende der Welt gekommen. Eine gewaltige Erschütterung ging von Sheldiria aus und namenloses Entsetzen erfasste die Herzen aller Lebewesen, als der sogenannte Schöpfungsfunke in die Smaragdtafel eingesetzt wurde. Dann breitete sich das Grauen aus und es war, als würde alle Kraft aus den Körpern gesogen. Doch dann folgte eine zweite Erschütterung. Ferner und doch irgendwie gewaltiger als die erste und von gänzlich anderer Natur. Die Magier und Priester spürten sie am stärksten. Es war als würde das Universum selbst implodieren. Einige Sphärentheoretiker meinten, das Elysium wäre explodiert. Aber diese vorschnellen Aussagen büßten diese Häretiker mit dem Flammentod.

Und dann war es vorbei.

Die Kolten, die sich, verteilt über den Kontinent, an den Fronten befanden, sind verschwunden. Es hieß, sie wendeten sich einfach nach Norden und gingen. In den folgenden Tagen und Wochen wurden noch einzelne von ihnen oder kleine Gruppen gesehen, die sich auf dem Weg befanden. Aus Laikeria wird gemeldet, daß die Eisbrücke, die den Kontinent und Kolte verband, zu schmelzen begann, nachdem die letzten Kolten hinüber gegangen waren. In der Folge wurde im Norden noch das eine oder andere schwarze Segel gesichtet, doch einen Kolten bekam man nicht mehr zu Gesicht.

Die Kolten gingen allein und ließen die Armeen von willigen, freien Dienern, in Dienst gepressten Kreaturen und Besessenen führungslos zurück wie nicht mehr benötigtes Werkzeug. Diese zerstreuten sich, bekämpften sich untereinander oder bildeten kleinere Banden, die als Marodeure durch das Land ziehen. Es wird noch Jahre dauern, bis alle Gruppen aufgespürt und vernichtet sein werden. Als Anführer taten sich häufig Malagsh-Priester hervor, die das Werk ihrer Herren ungeachtet der jüngsten Geschehnisse fortsetzen…und es heißt die Priester hätten ihre Macht nicht eingebüßt, wie es vorschnell von der ultorianischen Kirche berichtet worden war. Einer, der schnell an der Grenze Borbanos festgesetzt werden konnte, soll noch während ihm der Strick bereitet wurde gerufen haben: „Ihr seht einen neuen Anfang? Ich sehe ein neues Ende!”

Über viele Berichte, angebliche Ereignisse und Spekulationen wird nun vehement gestritten. Viele Druiden sprechen davon, daß die verloren geglaubte Feenwelt plötzlich einen enormen Zuwachs an Präsenz erlangte. Einige führen das darauf zurück, daß die Vernichtung der Feenwelt durch Malagash gestoppt sei oder gar eine Wiederherstellung alter Kraft stattgefunden habe. Andere behaupten, der Webmeister sei von der Welt verschwunden und zurück in die Feenwelt gekehrt, um seinen verwaisten Thron zu besteigen. Wirklich glauben kann man von all diesen Gerüchten natürlich nichts.

Ähnlich konfus und widersprüchlich sind die Spekulationen Kolte und Malagash betreffend. Während die Pessimisten nur von einer kurzen Atempause ausgehen, bevor erneut der Würgegriff um die Welt gelegt würde, sprechen andere von einem endgültigen Sieg gegen Malagsh und Kolte. Die Kolten sind verschwunden. Auch wenn einige gerne glauben wollen, daß sie vernichtet seien, gibt es doch zu viele Berichte davon, wie sie nach Norden zogen, um das zu glauben. Aber wie mächtig sind sie noch? Das wird wohl die Zukunft zeigen. Einige Wirrköpfe glauben gar, Malagash selbst sei durch den Sieg vernichtet worden. Fakt ist, daß man malagitische Priester dabei beobachtete, erfolgreich die Macht ihres Herrn anzurufen…

Die Tempel aller Religionen haben einen ungesehenen Zulauf, denn nur die Verblendetsten oder Verbittertsten könnten noch bezweifeln, daß die Götter existieren und wirken, so es auch Stimmen gibt die bemerkten das die Götter keinesfalls unfehlbar gehandelt hätten.

Es gilt nun die letzte Klausel des Vertrages von Farnau. Jene besagte, dass zwischen den freien Reichen, die ihre Unterschrift leisteten, nun ein Jahr und einen Tag lang Frieden herrschen soll. Einzig das abgelegene Sternthal und Shai-Anarat hatten die Unterschrift nicht geleistet.

Wie sieht sie nun aus, die Welt nach der Heimsuchung?

Sheldiria

Es gibt wenige Berichte aus Sheldiria, aber glaubwürdige Zeugen berichten von einer riesigen, giftigen Staubwüste, die sich in Sheldiria gebildet habe. Diese hätte sich nach der ersten Erschütterung schnell ausgebreitet und nach der zweiten abrupt aufgehört zu wachsen. Dort sei selbst die Luft giftig und niemand betritt dieses Areal. Mit Ausnahme einiger Drax-Clans, die dorthin gehen, um zu sterben; als selbstauferlegte Strafe dafür, daß sie den Bewahrer unterstützten. An anderen Orten seien Kämpfe ausgebrochen zwischen Drax-Clans, die den Bewahrer unterstützten und solchen, die ihm seit jeher kritisch gegenüberstanden.

Haralin und Raikal

Die Elfen Haralins und Raikals hatten ihre militärischen Kontingente bereits früh aus den gemeinsamen Aufgeboten abgezogen. Dieses Vorgehen ist von allen, die den Vertrag unterzeichnet hatten, offen kritisiert worden. Dies war geschehen nachdem Haralin durch das Eindringen eines koltischen Heeres entscheidend geschwächt worden war. Beide Reiche sollen als Grund angeführt haben, dass der jeweils andere seine Soldaten zurückführte. Der König Lianan Laianharalin VII. wird seit dem Überfall der Kolten vermisst. Er sei aus der Schlacht noch nicht zurückgekehrt, doch sein Tod ist nach wie vor unbestätigt. Zurzeit ist unklar wer die Regierungsgeschäfte führt. Gesandtschaften werden von einem ultorianischen Hohepriester empfangen. Es ist ungewiss, wie sehr das Reich und das Volk, das nie zahlreich gewesen war, unter den Verlusten, die es hinnehmen musste, leiden. Raikal hingegen konnte insbesondere durch den Beitrag ihrer Flotte, die wichtige Versorgungsgüter, auch nach dem Rückzug der Späherkontingente, stets verlässlich an das Ziel brachte, sein Ansehen in der Welt mehren. Was dies bringen wird, speziell jetzt, wo Gerüchte in den Häfen kursieren, dass der legitime Thronfolger Haralins in Raikal lebt, muss die Zukunft zeigen.

Cahir Sheveen

Die Eiselfen Cahirshiveens haben mit der sukzessiven Reinigung ihrer Inseln von den Zurückgelassenen Fußsoldaten Koltes begonnen, doch die Konsequenz, mit der die Minen vor der Besetzung unbrauchbar gemacht worden waren, wird nun zum Problem. Ohne große Anstrengungen und große Mengen Arbeitskräfte wird es lange dauern, bis wieder mehr Taslinn gefördert werden kann, was wiederum die Quelle ihres legendären Reichtums gewesen war. Vorerst werden die Eiselfen nicht umhin kommen, in Vuanaka zu bleiben und die Wiederbesiedlung langsam voranzutreiben. Sie benötigen große Mengen Arbeitssklaven, für die sie noch größere Mengen Nahrung kaufen müssen als bislang, beides für Geld, das erst wieder fließen wird wenn die Minen freigelegt sind. Es gilt als unvorstellbar, daß einer der Eiselfen selbst die Schaufel in die Hand nimmt.

Verillion

Verillion wurde durch die Kolten in seinen nordöstlichen und nördlichen Provinzen stark verwüstet. Doch insgesamt wurde es durch seine Königin sicher durch den Sturm geführt und hat die Festungsanlagen Teslad und Murel zurückerlangt. Es verwundert jedoch wenig, dass niemand an jenen verfluchten Orten leben will. Das Reich musste jedoch insgesamt einen hohen Blutzoll an Gefallenen entrichten. Aufgrund der hohen Verlustrate wird die Kardinalsgarde verstärkt zum Schutz der Hauptstadt und vor allem zum Schutz der Königin eingesetzt. Der Verilionische Hochadel ist im Laufe des Krieges stark geschwächt worden und es scheint als habe Kardinal de Lieux seine Position am königlichen Hofe deutlich stärken können.

Laikeria

Das Laikerianische Reich ist erhalten geblieben. Das Imperium überlebt; es ist das, was es immer tut. Der Norden des Landes ist verwüstet, in vielen Gegenden wimmelt es geradezu von versprengten Kreaturen, der Wegfall der festen Kirchenstrukturen ist immer noch nicht vollkommen aufgefangen. Es ziehen Wanderprediger und Scharlatane durch das Land, verbleibende Anhänger der alten Religion und mischen sich unter das Volk und die Royalisten verstärken ihre umstürzlerischen Aktivitäten. Die verbleibenden Legionen sind stark geschwächt und können nicht überall zugleich sein. Das Triumphirat herrscht mittels der Soldaten, gestärkter Magier und der Beamten. Ein voraussichtlich langer Wiederaufbau, drei Säulen, drei Männer, ein Nimbus der Unsterblichkeit und ein ungebrochener Anspruch auf imperiale Herrschaft zeichnen das moderne Laikeria aus. Laikeria wird aber auf absehbare Zeit keine Kraft für expansive Ansprüche haben.

Lir

Die Halblegionen aus Lir, die in Laikeria kämpften, waren zu geschwächt, um auch noch in Lir zu kämpfen als der Krieg das Zarenreich selbst erreicht hatte. Die Söhne des Adels und einige Bojaren selbst hatten sich den Feinden entgegengestellt und sie hatten ihre Sache gut gemacht. Doch sie haben auch einen hohen Blutzoll bezahlt. Der Stahl Lirs gehörte zu den gefragtesten Gütern der vergangenen Jahre. War das Reich noch vor Jahren durch alte Verträge und Verbundenheit an den Verkauf an Laikeria gebunden, so wurden die Verträge im Rahmen Farnaus gelockert. So führen heute Chevaliers Verillions, Ritter Aklons und Schwertbüder der Synode Waffen und tragen Rüstungen, die den Stern Lirs tragen. Und nach dem Tode so vieler Adliger fielen deren Schmieden und Besitztümer und Minen an die Krone, die sie wiederum zu guten Preisen an Oligarchen verkaufte; Kaufleuten, die die Stunde wohl zu nutzen wussten und den Aufschwung auch in Ländereien, Schiffsflotten und ähnlichem angelegt haben.

Anguir

Cleadach in Anguir liegt in Trümmern. Der Hochkönig Dabruth McMarnoch ist tot, die Hügeln wimmeln vor Kreaturen und an der Küsten befinden sich noch immer einige Schiffsmannschaften, die Tyrbold die Treue gelobt hatten. Die Truppen des Bundes, die in Anguir kämpften haben sich zurückgezogen und die Hochländer wieder sich selbst überlassen. Um das Maß voll zu machen sind verwunschenen Orte, die dem Feenvolk gehören, aktiv wie selten zuvor. Doch Anguir ist frei. Wenn die starrköpfigen, harten Menschen dort nicht wieder beginnen, sich gegeneinander zu wenden, kann es nur bergauf gehen.

Murash

Der Beitrag Murashs zur Bekämpfung der Kolten wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen. Die stolze Marine und einige Mitglieder der offensiven Handelsmarine taten mehr als von ihnen verlangt wurde und was in ihrer Macht stand.

Shai Anarat

Shai Anarat hat sich durch die Weigerung, den Vertrag beim Rat zu unterzeichnen, in eine politische Isolation bewegt. Es fällt den Kalifaten schwer, Handel zu guten Bedingungen zu betreiben und die regelmäßigen Warnrufe bezüglich Heshrar verhallen ungehört.

Heshrar

Heshrar ist es durch seine, wenn auch hart umstritten, so doch unbestreitbar effektiven Beiträge zur Bekämpfung der Kolten gelungen, die generelle Ablehnung gegenüber dem alten, jungen Reich abzubauen. Besonders auch die Vernichtung der dort aufgefundenen Bewahrermumie durch den Pharao Fayun, in letzter Minute bevor die Ereignisse in Sheldiria sich zuspitzten, wird von Seiten vieler Gelehrter wohlwollend zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig konnten sie einige der Handelslinien, speziell gen Sythia, übernehmen, die traditionell durch Shai-Anarat bedient wurden. Die Truppen und Nekromanten wurden zurückbeordert. In einer großzügigen Geste hat der Pharao Aklon und Verillion öffentlich Arbeiter zum Wiederaufbau angeboten, doch beide Reiche lehnten entschieden und empört ab. Viele Bürger atmeten auf, als die unheimlichen Truppen wandelnder Leichen endlich die Grenzen überschritten. Es bleibt zu vermelden, dass die heshritischen Truppen, die Laikeria zum Wiederaufbau angeboten wurden, nicht zurückgekehrt sind, sondern in den Norden Laikerias zogen. Das Triumphirat hat keine Angaben dazu gemacht.

Urs Sanctum

Die Ultorianische Kirche kämpfte an vielen Fronten und nun müssen viele Lücken in den Reihen der Schwertbrüder und Priester im Urs Sanktum und in den Klöstern und Niederlassungen geschlossen werden. Dies hat zu einem verstärkten Missionswerk geführt, dem ein neuartiger Aufruf vorrausging: Die Kirche rekrutiert nun ohne Rücksichtnahme auf die Herkunft und Vergangenheit. Dies wird als verzweifelter Schritt gewertet und als Indiz dafür, daß die ultorianische Kirche im Krieg ihre Belastungsgrenze fast überschritten hatte. Wie diese nahezu wahllose Rekrutierungspolitik bei angeschlagenen Strukturen sich auf die Zukunft der Kirche auswirken wird, darüber gibt es viele Spekulationen und wenige davon blicken in eine rosige Zukunft.

Wilde Lande

Die Wilden Lande verdienen ihren Ruf nun mehr denn je, denn viele, die dem Ruf Koltes gefolgt waren, sind dorthin geflüchtet. Besonders die Ork- und Ogerclans, die sich Kolte angeschlossen hatten, ziehen vermehrt plündernd durch die Wilden Lande.

Helingard

Helingard liegt weiterhin im Bürgerkrieg. Tyrbold ist aus den Wilden Landen zurückgekehrt und wendet seinen Zorn nun wieder vollständig gegen Harra. Es scheint, dass er noch immer den Achtstern im Banner führt. Nicht zuletzt aufgrund der abgelegenen Lage wurden jedoch von den kriegsmüden Reichen keine Aktionen gegen ihn erklärt, außer der üblichen Verfolgung von Piraten, was allerdings Harras Schiffe ebenso häufig betrifft, wie die des Roten Tyrbold.

Sythia

Sythia handelt und prunkt wie eh und je. Die Söldner, die aufgrund der Bündnispflichten entsandt worden waren, wurden zurückgerufen. Und der Imperator und seine Getreuen Conden vermelden, dass der Sarkophag, der unter der großen Bibliothek von Asaxun gelegen hat, entdeckt und unschädlich gemacht wurde. Um die großen Siege zu feiern, wurde ein monumentaler Bau begonnen. Der perfekt quadratische Grundriss wurde bereits bereitet.

Aklon

Obwohl Aklon eines der wenigen Reiche ist, das nicht direkt den Einfall koltischer Truppen erleiden mußte, sind die Entbehrungen des langen Krieges dort nicht weniger sichtbar. In allen Herzogtümern ist das Fehlen vieler Bürger spürbar, die im Krieg gefallen sind. Die Wirtschaft und die landwirtschaftlichen Erträge sind auf einem Tiefpunkt angelangt und durch drei Missernten in Folge bestehen auch nach dem Krieg Hunger und Not. Die Kirche scheint mit eigenen Problemen beschäftigt und keine Hilfe zu sein. Zu allem Elend kommen auch noch Berichte von einer unerklärlichen Krankheit des Königs auf.

In der „Stimme des Herolds“, der Gazette für das gemeine Volk zu Tulderon, wurde vom Akloner Baron Amadeus von Veredianus und von Schwanenhals folgender Bericht über die geradezu unglaublichen Ereignisse in Sheldiria veröffentlicht. Jedem Leser sei selbst überlassen, was er davon glaubt.

Wahrheit oder Mär − Ein unglaublicher Bericht

Liebe Leser, die Stimme des Herolds arbeitet mit allen erdenklichen Mitteln, um zeitnah, sachgerecht und interessant über die Geschehnisse rund um unsere schöne Stadt zu berichten. Doch auch wir geraten an unsere Grenzen, manchmal. Unsere, wir betonen höchst vertrauenswürdigen Quellen, und nur deshalb berichten wir überhaupt davon, haben uns einen Brief zugespielt. Die Umstände, wie der Brief zu uns gelangte, müssen selbstverständlich verschwiegen bleiben, umso sensationeller ist jedoch der Inhalt. Es handelt sich um einen Erlebnisbericht von der Front, direkt aus der Feder eines Schreibers, der höchstpersönlich beim finalen Kampf zur Rettung unserer Welt vor den Heerscharen des Chaos zugegen gewesen sein will. Unbestätigten Gerüchten zufolge befindet sich der Verfasser auf dem Rückweg in unsere Stadt.

Es gibt keinerlei Bestätigung für den Inhalt, und dennoch ist er so sensationell, dass wir ihn unseren Lesern nicht vorenthalten möchten. Sollte diese Geschichte wahr sein, ist es unglaublich, was sie zu berichten weiß. Ist sich nur ein Gespinst eines Märchenerzählers, ist sie eine der unterhaltsamsten Geschichten, die wir je abgedruckt haben. Hier also für unsere Leser, ohne jeglichen journalistischen Anspruch, möglicherweise echt, die ungekürzte Botschaft:

Ihr wollt wissen, was sich zugetragen hat in den Sümpfen Sheldirias? Nun, ich will es euch erzählen, nicht viel, war es doch nur ein kurzer Moment. Unter gewaltigen Verlusten durchbrachen wir die Reihen der Kolten, welche das Land belagerten. Tagelang marschierten wir durch die unwegsame Heimatwelt der Draxe, dem Zentrum entgegen, die Kriegstrommeln der Chaosanhänger zu jeder Zeit im Rücken. Immer wieder überfielen Verbände von Mutanten unser letztes Aufgebot gegen Kolte, stets mit dem Ziel, unser Vorankommen zu verlangsamen.

Mit den Angreifern kamen gewaltige, aufrecht laufende Echsen, mit messerscharfen Klauen und Zähnen, auch sie verlangten uns einen hohen Blutzoll ab. Lasst Euch warnen: in den Sümpfen verliert man als Fremder schnell das Gefühl dafür, wie viel Weg noch vor einem liegen mag und wo das Ziel zu finden ist. Unser Heerzug war bereits auf die halbe Zahl dezimiert, als die Streitkraft aus Koltendämonen uns einholte und uns zu unserer letzten großen Schlacht anhielt. Die Hügel, zu deren Füßen sich dieser Kampf abspielte, waren gleichzeitig das Ziel unserer Reise. Der Bewahrer erwartete unsere Ankunft, und forderte den Schöpfungsfunken, um das Werk zu vollenden. Doch wir aber verweigerten die Herausgabe, wie sie es schafften ihn dennoch in ihre Gewalt zu bringen, kann ich nicht berichten, wohl aber was danach geschah.

Es kam, wie es kommen musste: Dieses seltsame Wesen war niemals unser Verbündeter. Seine Nihilwächter leiteten das Ende dieser Welt ein, ohne dass wir etwas dagegen hätten tun können. Diese unsere schöne Welt, dem Untergang geweiht. Die Kolten, deren Ziel mit der Weltvernichtung hinfällig war, verließen uns, wie auch die Bewahrer entschwanden. Wir blieben zurück, scheinbar allein, doch wie sich herausstellt, waren wir es nicht. Es erschien ein Wesen, der Webmeister genannt, seines Zeichens der verbannte Gemahl der Feenkönigin. er offenbarte uns eine letzte Möglichkeit, wie unsere Welt doch noch zu retten sei. Wir zögerten nicht lange und bald darauf verließen wir die Ebenen Sheldirias mit Hilfe eines Artefaktes und ob ihr es glaubt oder nicht, wir setzten auf magischem Wege in nur wenigen Augenblicken über nach Anguir.

An diesem Ort lebte ein rätselhafter Uhrenmacher, zurückgezogen auf einer Burg. Er allein, so der Webmeister, konnte uns noch weiterhelfen, uns helfen, in jenes Land zu gelangen, in dem die lichten und die dunklen Feen leben, die Seelies und die Unseelies. Das war einfacher gesagt als getan, die Burg war belagert von den Kolten selbst und ihren Mutanten, ganz so, als wüssten auch sie von dieser Möglichkeit. Obschon sie zahlreich waren, erschlugen wir alle und drangen in das Innere der Burg vor, um tatsächlich den Uhrenmacher dort vorzufinden. Er war bereit zu helfen und mit Hilfe einer magischen Maschine, versetzte er uns mitsamt der Burg, in deren Mauern sich jener Apparat befand, in die ferne Feenwelt.

Unsere Aufgabe bestand darin, die Smaragdtafel der Feenwelt zusammen zu bauen. Auf diesem Weg sollten wir die Macht erhalten, nicht nur diese, sondern auch alle anderen Welten zu retten, nach denen die dunkle Bedrohung ihre Hände gestreckt hat. Ihr müsst wissen, dass die Zeit in der Feenwelt gänzlich anders verläuft, als in der unseren. Während die Vernichtung unserer Welt wohl nur wenige Stunden gebraucht hätte, vergingen in der gleichen Zeit in der Feenwelt ganze Tage oder sogar Wochen, was uns ein kleines Zeitfenster verschaffte.

Am edlen Hofe der Feenkönigin besprachen wir unser Vorhaben und auch hier gelang es uns ein weiteres Mal, Hilfe zu erhalten. Ein Todesfluch vereitelte unerwartet jede weitere Möglichkeit der Zusammenarbeit, denn die Feenkönigin versank in einen totenähnlichen Schlaf, welcher ihr nach und nach die Lebenskraft raubte. Eine weitere Aufgabe wartete auf uns, wollten wir je wieder zurück in unsere eigene Welt, mussten wir sie von diesem Fluch erlösen.

So lebten wir über mehrere Tage zwischen den Seelies, Unseelies und allerlei anderen, sonderbaren Märchenwesen. Um den bösen Zauber zu brechen, benötigten wir die Tränen eines Drachen, allerlei andere Ingredienzien, sowie mehrere Schlüssel um an den benötigten Smaragdtafelsplitter zu gelangen. Ein jeder Schlüssel war verborgen unter dem Schutz eines Märchenrätsels. So wies uns ein Buch zu verschiedenen Orten und dank vieler helfender Hände, vermochten wir sowohl die Intrigen am Hofe abzuwenden, als auch die Königin zu erwecken und den Splitter zu erhalten.

Ich möchte an dieser Stelle nicht auf weitere Einzelheiten eingehen. Doch auch die Kolten, welche offensichtlich unseren Plan kannten, hatten ihrerseits ein Tor in die Feenwelt geöffnet. Gerade als wir uns aufmachten, mit dem Splitter die Smaragdtafel zu vereinen, waren sie schon dort und schirmten den Ort ab. Entschlossen warfen wir uns ihnen entgegen und erschlugen jeden Einzelnen, so, dass wir die Tafel vervollständigen konnten. Erneut erschien uns der Webmeister, und schilderte uns den Weg, wie wir alle Welten retten könnten. Mit der Macht der wiederhergestellten Tafel wurden wir ein Teil ihrer selbst und betraten auf diese Weise eine weitere Ebene in ihr, eine Vielzahl gefangener Sphären. In jeder dieser Sphären waren die Welten und Seelen von unzähligen Lebewesen eingesperrt, es waren gewiss ein ganzes Dutzend solcher Sphärengebilde dort, und um sie zu befreien, mussten wir die Verbindung zwischen ihnen und der Ebene zertrennen. Die Heerscharen des Namenlosen fielen über uns her und nur mit größten Anstrengungen vermochten wir, sie niederzukämpfen.

Die Smaragdtafelebene gab uns nicht viel Zeit für diese Aufgabe und uns selbst konnten wir nur dann retten, wenn man mit einer der befreiten Sphären entschwand. So wurden wir immer weniger, doch vermochten wir wenigen verbleibenden auch die letzten Sphären befreien und retteten uns derart zurück in die Feenwelt. Unsere Verluste waren in Anbetracht der großen Bedrohung erfreulich gering, bedauerlicherweise wurden im Verlauf der Weltenrettungen auch zwei Sphären vernichtet. Dies wiegt besonders schlimm, weil dieses Verschulden auf unsere Bemühungen zurückzuführen ist. Die Schuldigen wurden selbst in einer gewaltigen Explosion zerrissen, als sie mit den Sphären auch die milliarden von Leben in ihnen auf einen Schlag auslöschten.

Das Ende ist nun schnell erzählt, zusammen mit der letzten freien Sphäre entstiegen wir der Smaragdtafel und fanden uns gemeinsam mit den anderen Überlebenden wieder im Feenreich ein. Die Feenkönigin gab uns die Mittel, um den Weg in die eigene Welt anzutreten und da unsere Welt sich nicht unter denen befand, die versehentlich vernichtet wurden, konnten wir alle wieder zurück kehren. Es klingt unglaublich, aber so hat es sich zugetragen.

Die heiße Mittagssonne Sythias warf ein vielfarbiges Lichtgitter durch die Bleiglasfenster und auf die kleinen Haufen von Münzen und Wertpapieren die sich wohlgeordnet vor Don Miguel Álvarez stapelten. Er blickte kurz verärgert vom Studium eines Angebotes auf und rieb sich die schmerzenden Augen. Draußen klatschte etwas scharf. Irgendwann müsste er die bunten kleinen Scheiben gegen farblose tauschen müssen, diese erschwerten das lesen zu sehr. Wie sollte er in den heißen Stunden des Tages in seinem Büro etwas Sinnhaftes tun, wenn er kaum in der Lage war ein Blatt Papier zu lesen? Er hatte versucht zu rechnen, aber die Temperaturen waren hier im Nord-Westen des Landes in den Mittagsstunden einfach zu hoch, um klare Gedanken zu fassen. Blieb nur das schreiben, aber wenn innerhalb eines Absatzes die Farbe des Lichtes mehrfach wechselte kam er auch damit nicht recht voran. Ein Paravent könnte Abhilfe schaffen. Er hatte mehrfach versucht den Schreibtisch umzustellen, seit er seine Geschäfte direkt von dem abgelegenen Anwesen aus erledigte, aber das Licht blieb überall im Raum unerträglich. Es drangen laute Stimmen von draußen herein, ein Karren wurde angespannt. Es erklang Rufen das keinen Wiederspruch duldete, Knarren und Klatschen. Miguel wendete sich kurz zu der Scheibe in seinem Rücken um. Es wurde eine ritterliche Szenerie auf ihr dargeboten. Ein Held auf einem weißen Pferd, Soldaten, eine holde Dame und niedergetrampelte Feinde waren darauf abgebildet. Miguel dachte an den ehemaligen Besitzer der Finca, streng genommen auch den ehemaligen Besitzer seines Titels. Er hatte dem verarmten Ritter das Landgut abgekauft und sich als Dreingabe von ihm adoptieren lassen. Miguel und seine Eltern hatten bei einem guten Essen, als der alte Don ihm anbot ihn Vater zu nennen zu dürfen herzlich darüber gelacht. Der Mann hatte sich in der Folge einer jener freien Kompanien angeschlossen, um die Ausbildung seiner Kinder finanzieren zu können. Der bezahlte Preis für den letzten Rest seines Erbes dürfte, so schätzte Miguel, gerade gereicht haben, um seine Schulden zu bezahlen. Ob der alte Don sich selbst als der Ritter im Bleiglas verstanden hatte?

Weiterer Lärm von draußen riss Miguel aus seinen Tagträumen und brachte ihn zurück zu dringlicherem- ein Klirren, ein Klatschen, eine Stimme. Nur eine Stimme erklang nicht viele, was nur bedeuten konnte das konzentrierte Arbeit getan wurde, nicht das Don Álvarez dies aktiv wahrgenommen hätte. Bis vor kurzem wäre diese, so denn kurz vor dem Aufbruch oder nach der Ankunft einer Lieferung die seines Capitán, eines breit gebauten Akloners namens Wernher, gewesen. Die Männer und Frauen von Don Álvarez waren keine Soldaten. Sie waren Trägerinnen und Kutscher, Eselsführer und landeskundige Führerinnnen. Sie brachten, geschützt von Mietlingen, hochwertig gefertigte Waren nach Westen. Sie durchquerten selbst in diesen Zeiten die Wilden Lande, um mit Sternthal, Raikal, Haralin und Aklon Handel zu treiben. Die Gefahren waren hoch, aber der Profit angemessen.

Als Wernher am Morgen vor ihm gestanden hatte wusste jener bereits, dass dessen Zeit als Capitán des Don Álvarez so oder so vorbei war. Überfälle kamen vor, die Räuber, zumeist Stämme in den Wilden Landen, töteten selten. Er hatte Leute in seinen Diensten die nicht weniger als sechsmal in Drei Jahren überfallen wurde. Wenn es einen Überfall gab, dann meist solche ohne Risiko, interessanter Weise für beide Seiten. Die Räuber kommen in so großer Übermacht, dass eine Verteidigung sinnlos ist oder sie kommen gar nicht. Es ließ sich gut errechnen wie viele Karawanen bei welchem erwarteten Gewinn und mit wie viel Schutz entsandt werden mussten, um Gewinn abzuwerfen. Etwas zerbrach draußen, ein Wiehern, ein Klatschen, Wind in den Büschen.

Wernher wusste, dass eine ehrlich verlorene Ladung keine Schande war. Aber er hatte eine Ladung nicht ehrlich verloren, sondern unnötig zurück gelassen.

Erst drei Tage zuvor war der Trek aufgebrochen. Vier Gespanne, zehn Lasttiere, zehn Arbeiter und zehn berittene Bewaffnete waren nach Gavral aufgebrochen, einem kleinen Ort, wo die Vorräte noch einmal frisch ergänzt wurden, bevor die Reise wirklich begann. Der erste Abschnitt der Gesamtreise sollte nur zwei Tage dauern, am Abend würden die Männer und Frauen im Letzten Hafen, einem Gasthof, einkehren und auf Kosten Don Miguels feiern dürfen und dann sollte es weitergehen. Aber Wernher hatte diesmal niemanden einkehren lassen. Oder besser gesagt er behauptete es. Er behauptete auch nicht allein losgeritten zu sein aber seine Begleiter auf dem Gewaltritt zurückgelassen zu haben. Außerdem behauptete er die Münzen und Papiere, die ihm anvertraut worden waren verloren zu haben. Und zuletzt hatte er den Wächtern gegenüber, die ihn fast drei Meilen südlich des Anwesens im früh morgendlichen Galopp aufgegriffen hatten behauptet, dass er eh zur Finca wollte und sie in der Dunkelheit nur verpasst hätte.

Erneuter Lärm draußen erklang, raues Knarren, feuchtes Klatschen, das Blöken eines Lasttieres. Don Miguel hielt sich für einen geduldigen Mann, also hatte er sich die ganze Geschichte des Flüchtigen angehört als jener im ersten Licht vor ihn geführt wurde. Der Trek sei planmäßig durchgekommen, aber das Dorf sei weg gewesen. Also nicht verschwunden, aber leer. Und es könne noch nicht lange leer gewesen sein, da die Speisen in den Häusern noch nicht vollkommen verdorben waren. Man habe wenige Kampfspuren entdeckt, aber Betten die wirkten als ob eben noch jemand darin gelegen hatte. Das Ganze sei surreal, unheimlich gewesen, eine gespenstische Szenerie. Er habe die Leute sogar davon abgehalten sofort kehrt zu machen. Dann sei ihnen aufgefallen, dass auch die Tiere fehlen würden. Außer Ratten und Ungeziefer, dass sich nun zu tummeln begann sei kein Haustier im Dorf verblieben. Er habe die Arbeiter geschickt um verbliebene Nahrungsmittel zu sammeln und die Bewaffneten um die Gegend abzusuchen, sagte Wernher. Denn was auch immer die Bevölkerung vertrieben hatte könnte ja noch in der Nähe sein. Dann hätte eine Frau etwas entdeckt und bevor er es sich allein in Ruhe beschauen konnte waren bereits zu viele zusammengekommen, um es noch zu verheimlichen. Mitten auf einem der bestellten Felder war eine vertrocknete Lache alter dunkler Flüssigkeit, eine tiefe Lache. Es hätte alles Mögliche sein können aber schnell glaubten die Leute, dass es Blut gewesen sei, dass hier in Strömen vergossen worden war. Es sei aus mit der verbliebenen Ruhe gewesen, als Kleidung gefunden wurde. Auf jener waren Blutflecken nicht zu leugnen gewesen. Und es war nicht ein Kleidungsstück, es war die Schlafgarderobe mehrerer hundert Menschen. Bevor die Leute in Panik auseinandergestoben wären hatte Wernher sich entschlossen selbst das Kommando zu einem geordneten Kehrt zu geben. Und er hatte sich entschlossen den Kehrt ohne die langsamen Karren zu machen. Eine stärker Bewaffnete Gruppe könnte die Waren und die Karren wieder abholen, denn was immer in dem Dorf umgegangen war, es hatte sich nicht um die wenigen Wertsachen geschert die es zu holen gegeben hätte. Er selbst und zwei der Mietlinge hätten sich von den anderen abgesetzt nachdem alles für den Nachtmarsch geordnet war um die Nachricht schnell zu überbringen. Und jene Mietlinge, seine Zeugen hätte er in der Dunkelheit verloren. Diese Fantasterei hatte er gesetzt Don Miguel ins Gesicht gelogen. Letzterer horchte kurz auf, aber außer geschäftiger Unruhe und dem regelmäßigen Klatschen war von draußen nichts zu hören.

Don Miguel Álvarez hatte eine klare Vorstellung davon was vor sich gegangen war. Wernher hatte sich, als alle anderen im Gasthaus verkehrten mit dem schnellsten Pferd davongemacht. Schieres Unglück hatte ihn in die Arme der Patroullie laufen lassen, die um diese ungöttliche Zeit eigentlich nur ausgesandt worden war um die Waffenträger beschäftigt zu halten. Die Wertsachen musste er fortgeworfen haben als er sicht entdeckt wusste, es waren bereits Leute ausgesandt jene zu suchen.

Don Miguel hatte sofort Reiter ausgeschickt um auch die vorgeblich Verlorenen zu finden. Er hatte geschätzt, dass diese wenn schon nicht die beiden Reiter so doch auf jeden Fall den Trek binnen dreier Stunden hätten erreichen müssen. Nun waren seit dem Gespräch sieben vergangen. Genug Zeit um Wernher für schuldig zu befinden.

Er wandte sich wieder seinen Papieren zu. Briefe an Geschäftspartner im Westen mussten geschrieben werden, Erklärungen für Verspätungen geliefert werden. Er fluchte, denn er wusste nicht einmal ob der Trek nachdem der Capitán sich davongestohlen hatte nicht sogar weitergezogen war. Aber ohne das Geld und die Papiere, die Wernher bei sich hatte würde es schwieriger werden. Und doch gab es die eine oder den anderen die es vielleicht als Möglichkeit sahen sich selbst als Obmann hervor zu tun.

Draußen gab es Getümmel das die gewohnte Geräuschkulisse unterbrach. Don Miguel öffnete ein Fenster und herrschte den verschwitzten Mann der gerade vom Pferd gestiegen war an nicht Maulaffenfeil zu halten sondern sofort herein zu ihm zu kommen. Wenige Momente später stand er im Büro und erläuterte, dass er den Trek und die beiden Reiter gefunden habe. Jene seien als sie Wernher verloren hatten zu diesem zurückgekehrt. Die Leute hätten jedes der Worte bestätigt.

Don Miguel ließ diese unerwartete Information kurz sacken. Dann ging er erneut zum Fester und rief heraus man möge die Bestrafung einstellen. Zum ersten Mal nach fast einer Stunde hörte das klatschen auf, das Schreien hatte ja schon vor einer halben Stunde aufgehört.

„Wer sind die?” raunte Marcus dem neben ihm in der Linie stehenden Gerganes zu, während das knappe Dutzend durchnässter und schmutziger Männer und Frauen aus Richtung Norden kommend an ihnen vorbeizog. Der ältere Soldat warf einen schnellen Blick zum Decurio, der die geflüsterten Worte nicht gehört zu haben schien und antwortete dann leise: „Ich bin nicht sicher. Es scheinen jedoch wichtige Leute zu sein, so wie sich der Praeton eben verhalten hat.” Ein dünnes Grinsen erschien auf seinen Lippen, als er sich erinnerte, wie nervös der Anführer ihres Trupps einige Minuten vorher geworden war, nachdem er einige Worte mit den Fremden gewechselt hatte. Richtig zittrig war er seitdem, seine Stimme hatte sich beinahe überschlagen, als er den Befehl gegeben hatte, eine Gasse zu bilden um die Wanderer passieren zu lassen. Neugierig betrachtete der junge Marcus diese seltsame Gruppe. Er erkannte trotz der dicken Schlammschicht, die auf der Kleidung und der Rüstung jener Menschen klebte, Angehörige verschiedener Völker… mehrere laikerianische Wappenröcke… ein paar wilde Männer mit Röcken, zweifellos aus Anguir… eine Frau mit sonnengebräunter Haut und dicken schwarzen Locken, irgendwo aus dem Süden… und blitzte dort nicht sogar ein weißes ultorianisches Ornat unter dem Dreck hervor? Auch der Veteran neben Marcus blickte auf, als sie schnellen Schrittes die schwere und riesige Kiste an ihnen vorbei trugen. „Hast du das auch gehört?” flüsterte Marcus nervös. Der angesprochene nickte nur stumm. Laute, Stimmen und Geflüster die aus der Kiste drangen, wisperten, sich in seinen Kopf schlichen. „Bei den Göttern, was tragen sie da mit sich rum?” murmelte der Alte in seinen Bart.

Die wortkarge Gruppe trug ihre schwere Fracht direkt in das Zelt des Praetons. Neugierige Blicke folgten ihnen, bis der schwere Stoff des Eingangs die Sicht versperrte. Marcus konnte hören, dass die im Inneren geführten Diskussionen immer lauter wurden, offenbar missfiel dem Praeton sehr, was er hören musste. Schließlich ließ er einige seiner Meldeläufer kommen, die schnellen Schrittes das Feldlager verließen, wenige Augenblicke später hatte die Dunkelheit der Nacht sie verschluckt. Murrend sagte Marcus: „Was besprechen die denn bloß da drinnen? Sollten wir nicht endlich gegen die Kolten kämpfen? Ich bin das Warten leid.” Der Ältere, der noch immer neben ihm stand, warf ihm einen mitleidigen Blick zu, erwiderte aber nichts darauf.

Einige Stunden später, die Nacht war weiter vorangeschritten und die meisten Gerganes hatten sich bereits in ihre Zelte zurückgezogen um sich vor dem Regen zu schützen, kehrten die Boten aus dem Süden zurück. In ihrer Begleitung befand sich eine kleine Gruppe, anscheinend Offiziere aus aller Herren Länder. Marcus, der interessiert den Kopf aus seinem Zelt gesteckt hatte, erkannte den rot-goldenen Wappenrock eines aklonischen Reichsritters, in dessen Begleitung sich ein ultorianischer Schwertbruder in dicker Panzerung befand. Eine Sythin in bunter Kleidung fiel ihm auch ins Auge, anscheinend im Range eines Coronel der Fremdenlegion. Und weitere waren dort, die er in der Dunkelheit der Nacht nicht genau erkennen konnte. Schnell, so dass nur wenige der einfachen Soldaten ihr Erscheinen überhaupt bemerkten, führten die Boten die Neuankömmlinge in das Zelt des Praetons. Eine ganze Weile noch schaute Marcus zu dem Zelt seines Vorgesetzten herüber, bis ihn endlich der Schlaf übermannte.

Doch die Nacht endete für ihn bald, Trompetenklänge rissen die Truppe aus dem Schlaf. Überall wurden Befehle gebrüllt und die Gerganes machten sich für den Abmarsch bereit. Auch Marcus sprang aus seinem Zelt, hinter den Hügeln in der Ferne konnte er bereits die ersten Sonnenstrahlen sehen. Sein Blick wanderte automatisch zum Zelt des Praetons, das bereits zur Hälfte abgebaut war. Vor dem Zelt ruhten nun in hölzernen Gestellen insgesamt acht Kisten, die alle der geheimnisvollen Fracht der letzten Nacht glichen. Stirn runzelnd wandte er sich an den Veteranen, der neben ihm gerade sein Gepäck aufnahm. „Warum sind das plötzlich so viele Kisten?” Der angesprochenen zuckte mit den Achseln, „du hast wohl schon geschlafen, als der Praeton die Zimmerleute aus dem Tross hat wecken lassen. Die haben die ganze Nacht daran gearbeitet, wie es aussieht.”

Die Disziplin der laikerianischen Armee zeigte sich einmal mehr, als die Soldaten in wenigen Minuten das Feldlager abgebaut und in ihren Rucksäcken verstaut hatten. Gespannt warteten sie nun auf weitere Befehle. Der Praeton besprach sich leise mit den Gruppen, die in der letzten Nacht eingetroffen waren, dann rief er die Anführer des Trosses zu sich. Während er Befehle erteilte, die erschrocken zur Kenntnis genommen wurden, verteilten sich die bunt gewürfelten kleinen Gruppen auf die verschiedenen Kisten und verließen mit ihnen gen Süden und Westen den Platz ohne den verwunderten Gerganes auch nur einmal in die Augen zu sehen. Nur kurz nach dem Lager teilten sie sich auf und zogen auf verschiedenen Wegen davon.

Marcus wandte sich fragend an den Veteranen, der erneut neben ihm im Glied stand, doch ein Blick in dessen Augen ließ ihn verstummen. Der Alte seufzte und sagte dann leise: „ Nun ist es soweit, Junge.” Als er nunmehr allein mit seinen Männern war, trat der Praeton vor die Truppe und hielt eine Ansprache. Mit flammenden Worten wie aus dem Lehrbuch schilderte er den Soldaten die Lage. Der Feind sei wenige Stunden entfernt und verfolge die Gruppen mit den Kisten. Die Fracht müsse um jeden Preis Laikeria-Stadt erreichen und nur sie, die Männer und Frauen der 3. Kohorte könnten die koltischen Streitmächte lange genug aufhalten, um diesen Rückzug zu gewährleisten. Er beschrieb den jungen Soldaten den ruhmreichen Sieg, den sie über die Feinde des Imperiums erringen würden, und die meisten glaubten diese Worte und stimmten voller Elan in die am Ende der Ansprache angestimmte Hymne Laikerias ein.

Dann marschierte die 3. Kohorte des 5. Manus der 10. Legion ab, weithin erklang der Gesang aus Kehlen, die teilweise gerade erst den Stimmbruch hinter sich hatten, und sie sangen auch noch, als die Späher die ersten Chaosbanner entdeckten, und als der Gesang in Todesschreie überging…

Proklamation

Bürger Aklons. Der Feind ist erneut besiegt worden. Unsere Truppen sind zusammen mit alliierten Streitkräften vor Murel auf einen koltischen Heerzug getroffen, der sich zuvor seinen Weg durch Laikeria, Lir und zuletzt Verilion erkämpft hatte. Die Heerscharen des Chaos wurden von unseren tapferen Soldaten und den Streitkräften der ultorianischen Kirche auf jedem Meter, den sie sich auf die Stadt Murel zu bewegten attackiert. Letztendlich gelang es unseren Truppen den Feind dermaßen zu schwächen, dass nur eine kleine Gruppe namenloser Kreaturen die Mauern Murels erreichte. Hier wurden diese durch eine Entsatztruppe des Rates von Farnau gestellt und annähernd vernichtet. Die Überreste dieser verabscheuungswürdigen Brut haben sich nicht neu formieren können und suchten ihr Heil in der Flucht. Dank all dieser tapferen Recken, die sich unserem Feind entgegen warfen waren wir siegreich. Eine weitere Schlacht ist gewonnen und Aklon ist bereit diesen Feinden des Lebens und der Gerechtigkeit überall wo sie sich offenbaren und unser Land oder unsere Verbündeten bedrohen entgegenzustellen. Lasst uns nun einen Moment innehalten und denen Gedenken, die ihr Leben ließen um uns die Früchte dieses Siegen ernten zu lassen. Mögen sie den Weg ins Elysium finden und dort den Frieden, den sie sich erkämpft haben. Lobet Ultor. Lang lebe König Warnulf.

In der Taverne

Der betagte Krieger stellte seinen Helm auf den Tresen und wandte sich dem jungen Gardeoffizier zu, welcher ihn soeben angesprochen hatte.

„Was meinst du?” Der junge Hauptmann tat die respektlose Antwort des Veteranen mit dem hochziehen einer Augenbraue ab und stellte seine Frage erneut.

„Ich habe dich gefragt, ob du bei unserem Sieg vor Murel dabei warst?”

Der Alte sah ihn Stirn runzelnd an hob dann ohne den Blick von seinem Gegenüber zu wenden die Hand und rief: „Zwei Krüge Met, für mich und meinen jungen Freund hier.”

Ein paar Minuten später saßen die beiden Männer an einem der Tische. Die zwei Krüge Met standen vor ihnen und der Alte hatte bereits einen Becher hinuntergestürzt, bevor er zu erzählen begann.

„Du hast ja keine Vorstellung von diesem Sieg. Ja ich war vor Murel dabei. Ich war dabei und ich bin noch am Leben, was an ein Wunder grenzt. Lobet Ultor. Du kannst dir nicht im Entferntesten vorstellen was für ein Massaker das war. Unsere Truppen waren denen der Kolten zahlenmäßig weit überlegen und auch wenn wir alle von der Gefährlichkeit der Kolten gehört hatten, so waren wir doch guter Dinge diese Schlacht für uns entscheiden zu können. Meine Hundertschaft war direkt hinter der des Reichsritters platziert worden. Ständig liefen Melder hin und her und berichteten von den ersten Angriffen durch koltische Mutanten. Unsere Truppen hielten sich wohl ganz gut und die ersten Stunden mussten wir nur mit warten verbringen. Wie das immer so ist bei einer Schlacht. Es gab da schon Schlachten in denen habe ich mein Schwert nicht mal ziehen müssen. Schade, dass diese keine davon war. Irgendwann blieben die Melder aus den vorgelagerten Stellungen aus. Es dauerte nicht lange und der Feind marschierte auf uns zu. Um genau zu sein, auf die Männer des Reichsritters. Ein akloner Garderegiment. Glänzende Rüstungen, schneidige Typen, saubere Wappenröcke und so. Ich glaube der Einzige der schon einmal den Geschmack einer Schlacht gekostet hatte war der Reichsritter selbst. Wir standen bereit um zu verhindern, dass der Feind die Flanken unserer Einheit umläuft. Von wegen umlaufen. Erst schwärmten Mutanten auf unsere Leute zu und begannen unsere Einheiten auseinander zu ziehen. Die Offiziere hatten alle Hände voll damit zu tun, die Formationen zu halten, aber es gelang ihnen gegen die Mutanten zu bestehen. Dann kam das Hauptkontingent des Feindes auf uns zu. Es waren Kreaturen, die ich mir bisher noch nicht einmal in Alpträumen hätte vorstellen können. Dämonen, Untote, Bestien, alles was man sich nicht vorstellen möchte. In ihrer Mitte Kolten. Ich denke zumindest, dass es Kolten waren. Sie trugen Masken, die in der Mitte grünlich leuchteten und nach oben hin spitz gezackt waren. Sie schritten in der Mitte all dieser Abscheulichkeiten daher, als würden sie auf einen Empfang wollen und nicht in eine Schlacht. Dieser ganze Abschaum krachte dann einfach mitten in unser Zentrum. Vollkommen ungebremst. Umlaufen! Das ich nicht lache. Die haben sich einen Scheißdreck um Taktik geschert. Sind einfach in unsere Leute rein und haben angefangen alles zu massakrieren, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Von Klant hat dann versucht die Kolten von seinen Truppen umschließen zu lassen. Sie in die Zange zu nehmen. Hat auch irgendwie geklappt, aber das hat diese Bestien überhaupt nicht interessiert. Sie waren uns an Kampfstärke einfach dermaßen überlegen, dass sie sich ihren Weg einfach durch unsere Truppen hindurch geschnitten haben. Es war ein unglaubliches Massaker. Als klar wurde, dass die Truppen des Reichsritters nicht halten würden, hat sich unsere Hundertschaft dort postiert, wo der Feind durchbrechen würde. Na ja, wie nicht anders zu erwarten hat er das dann ja auch getan. War ne bescheuerte Idee von uns. Sei’s drum. Ich glaube wir haben so ein bis zwei Mutanten mitgenommen. Irgendetwas hat mich dann am Kopf getroffen und als ich wieder zu mir kam, war bei uns alles vorbei. Prost. Auf den Sieg.”

Der Alte verzog bei diesem Trinkspruch säuerlich das Gesicht und kippte den Becher in einem Zug hinunter.

„Wie viele haben überlebt?”

Der Alte starrte einen kurzen Moment ins Leere, sammelte sich dann und antwortete dem jungen Offizier.

„ Von meiner Hundertschaft letztendlich nur ich. Es gab noch eine Handvoll Verletzter, aber die konnten nicht rechtzeitig versorgt werden. Der Reichsritter hat es auch nicht geschafft. Von seinen Leuten stand keiner mehr. Ich glaube einige sind nachdem er gefallen ist geflohen. Keine Ahnung wie viele das waren. Ich habe mich dann Richtung Murel begeben und versucht mich den anderen Einheiten anzuschließen. Da waren aber keine anderen Einheiten mehr. Ich fand nur Tote und Verletzte. Zuerst ein bunt gemischter Haufen und einige in akloner Wappenröcken, dann am Ende nur noch weiß. Na ja. Rot, aber man konnte teilweise noch erkennen, dass es sich um Schwertbrüder gehandelt hat. Vor Murel habe ich dann erfahren, dass die Kolten innerhalb der Mauern besiegt worden sind. Die Leute da sprachen von einem Engel Ultors und von einer Suavitin, die sich selbst und die Kolten mit einer Art Bombe in die Luft gejagt hat. Klang verrückt, aber ich habe das von mehreren die aus der Stadt kamen gehört.”

Der Junge nickte.

„Ja, etwas Ähnliches ist mir auch zu Ohren gekommen. Hauptsache wir haben gewonnen. Letztendlich hatten all diese Opfer einen Wert. Sie haben uns mit ihrem Blut den Sieg erkauft und das war letztendlich auch ihre Pflicht.”

Der Alte setzte seinen Becher ab, legte seinen Kopf schief und starrte den Jungen herausfordernd an.

„Wo genau warst du eigentlich, als wir unsere Pflicht da draußen getan haben?”

Diese Frage schien den jungen Mann irgendwie verlegen zu machen, aber schließlich antwortete er.

„Ich habe auch meine Pflicht getan. Ich bin dem Schutz des königlichen Palastes zugeteilt und kommandiere dort eine Wachmannschaft.”

Der Alte erhob sich abrupt und ging entschlossen Richtung Ausgang.

„Seid ihr jetzt beleidigt oder fühlt euch gar gekränkt? Seid doch nicht so verblendet. Jeder erfüllt seinen Teil der Pflicht an unserem König.”

Der Veteran hielt inne und drehte sich herum.

„Nö, ich bin nicht gekränkt. Ich muss mal pissen.”

Geheimes

Kardinal de Lieux sah erwartungsvoll zu dem rot gewandeten Hauptmann seiner Garde hinüber.„Haltet euch nicht mit Förmlichkeiten auf. Gebt mir Fakten. Wie ist es gelaufen?”

„Eure Eminenz, nachdem die Kolten unseren Truppen ausgewichen sind, haben sie den direkten Weg nach Murel eingeschlagen und sind dabei auf die aklonischen Truppen des Verteidigungsringes getroffen. Sie haben diese vernichtend geschlagen. Einige Einheiten der Schwertbrüder haben danach noch versucht ihren Angriff auf Murel zu verlangsamen, was ihnen auch gelungen ist. Letztendlich wurden sie aber massakriert und der Feind ist in Murel eingefallen. Die dort befindlichen Truppen des Rates von Farnau haben dann offensichtlich mit der Hilfe eines Cherubim den Korpus des dort befindlichen Bewahrers vernichten können.”

„Wie hoch waren die Verluste?”

„Die Akloner zählten ungefähr 2.500 Kämpfer. Davon wurden 1700 Tote gezählt. 500 Verletzte, die meisten davon schwer. Von den Verbliebenen fehlt jede Spur. Die Schwertbrüder führten weitere 400 Krieger in die Schlacht. Sie sind bedauerlicherweise alle gefallen. Eine handvoll Verletzter starb nach der Schlacht, da sie nicht rechtzeitig versorgt werden konnten. In der Stadt gab es offenbar auch einige Tote, aber ca. 70 Männer und Frauen überlebten dort. Es weht nun bereits wieder das Banner unserer geliebten Königin über der Stadt. Soweit ich weiß, soll Murel so schnell wie möglich an den verilioner Adel übergeben werden.”

Der Kardinal gab ein resignierendes Seufzen von sich.„Ihr habt nicht zu wissen und seid weit entfernt davon eine Ahnung zu haben. Entfernt euch.”

Die Nachrichten aus Haralin sind schwer zu deuten. Klar ist, dass das koltische Heer, welches Borbano gestreift hat, die nördliche Grenze überschritt und sich nördlich von Laian eine Feldschlacht mit den Streitkräften Haralins lieferte. Das koltische Kontingent muss dabei an der Grenze Raikals entlang marschiert sein, größtenteils unbehelligt. Weder Raikal, noch die nicht-malagitischen Orks hatten entscheidend eingegriffen oder eingreifen können. Bereits zuvor hatte Haralin seine Streitkräfte ohne eine klare Begründung wieder aus Anguir abgezogen, diese befinden sich wahrscheinlich noch immer im Marsch. Aus unbekannten Gründen wurden auch die wenigen Späher aus Raikal abgezogen.

Nach dem Eindringen in Haralin war Kolte, oder besser das Heer von Orks und Ogern in koltischen Diensten, ungeachtet eigener Verluste schnell ins Landesinnere vorgedrungen. Dies war problematisch, da die Strategie der Elfen vorsah den Gegner aus dem Hinterhalt mit Pfeil und Bogen zu überfallen, um so Verfolgungen zu provozieren und so kleine Kontingente zu stellen und zu vernichten. Doch die Peitschen der Kolten schienen die wilde Natur der Orks unter Kontrolle bringen zu können. Nach der Schlacht ist noch keine Nachricht des Hofes von König Laianan Laianharalin VII. nach außen gedrungen. Einzig einige akloner Offiziere, die anwesend gewesen waren, gaben hierzu offizielle Depeschen heraus. In diesen heißt es, der König habe seine Truppen an einem Heiligtum zur Schlacht formiert und war dem koltischen Kontingent schließlich offen begegnet. Trotz der engen Verbundenheit zu Aklon, war selbst diesen Offizieren erst spät offenbart worden, dass in diesem Heiligtum die Überreste eines Bewahrers eingeschlossen worden waren. Waren ist die korrekte Vokabel, denn der Körper wurde von Kolte geborgen und abtransportiert, nachdem die Haraliner Armee von den anstürmenden blutgierigen Orks fortgespült worden waren. Weiterhin wurde gemeldet, dass sich das Heer nach dem Sieg zersplitterte. Die meisten Orks haben sich in kleinen Rotten zusammengefunden und ziehen nun plündernd duch das nördliche Haralin oder kehren siegestrunken in die Orklande zurück. Es besteht kein Zweifel, dass die Rotten mittelfristig vertrieben werden können, doch die Spur der koltischen Kerntruppe, die den Körper transportiert hat sich bereits verloren …

Sobald der König wieder in Laian ist und die Soldaten aus dem Norden eingetroffen sind soll schnell wieder Normalität einkehren, erklärte ein Bote des ultorianischen Hohepriesters Thurnaviel Lataniusior den Verbündeten.

Ansprache von Graf Thomas von und zu Mittental, Kommandeur des Mittentaler Lehensaufgebotes zu Murel, zu seinen Rittern und Offizieren

Der Feind hatte die Grenzen von Lir überquert. Obschon der Zar und die Fürsten wussten, dass er kommen würde und Berichte darüber erhalten hatte, wie er in Laikeria, Anguir, an den Grenzen Borbanos und Gerüchten zufolge inzwischen sogar in Haralin vorging, hatte keiner derer Militärs sich wirklich darauf einstellen können.

Laikeria war es nicht gelungen, diesen Heerzug zu bremsen, der den kompletten Weg von der Eisbrücke bei Luruk, über Morum, über die See auf die Lenstusk Halbinsel hinab marschiert war. Die Kraft des Imperiums konnte nur ein anderes Heer stoppen, das auf die Hauptstadt marschiert war. Ein Ablenkungsmanöver gigantischer Ausmaße? Das Heer, das nun in Lir stand, hatte im Handstreich eine ganze Flotte von Küstenseglern erobert, genutzt, um das Heer überzusetzen, um die Halbinsel geschleppt und auf der anderen Seite als Pontonbrücke vertäut. Erst das Aufkommen eines Sturms hatte ein Übersetzen nach Sheldiria verhindert. Dann hatte das Heer die Richtung geändert und war nach Osten marschiert. Ohne dass die Flotte oder das Heer Lirs etwas dagegen unternehmen konnte, hatte das Heer einige Tage nahe des Länderecks zwischen Lir, Rulos und Laikeria gehalten und abgewartet bis eine Schwarze Galeere ankam. Etwas wurde ausgeladen und dem Heerwurm angegliedert, dann zog er weiter und überquerte die Grenze nach Lir.

Experten hatten diverse mögliche taktische Ziele ausgemacht, doch diese Ziele konnten für die Bojaren, die vom Zar zusammengerufen worden waren, nur nachrangige Bedeutung haben. Sie waren zusammengekommen, um das zu tun, was ihren Adel rechtfertigte: Sie sollten das Land vor Feinden schützen. Doch es waren wenige. Das Heer war nach Norden, nach Laikeria marschiert, als die Absichten Koltes noch unklar waren. Es war nicht zeitig zurückgerufen worden. Es gab wenige Bauern die geblieben waren und in Dienst genommen werden konnten, zu groß war die Welle der Angst, die dem koltischen Aufgebot voranging.

Sie konnten sich nicht zu Feldschlacht stellen, doch die berittene Garde des Zaren, die Söhne des Adels, die Flügelreiter, sie würden den Feind nicht durch ihr Land ziehen lassen. Es konnte nicht sein, dass sie sich frei bewegten, als würden sie dies Land bereits beherrschen.

Ihres Zeichens schwere Lanzenreiter in Schienenpanzern, die ein großes Flügelpaar aus Schwanenfedern auf dem Rücken trugen, waren die Flügelreiter die Elite der Armee Lirs. Sie überfielen die Vorhut und ritten Monstrositäten aus den eisigen Öden nieder. Sie überfielen die Nachhut und zerschlugen Kontingente von Mutanten. Doch vielleicht das wichtigste,das erreicht wurde, ist, dass der Feind sich schlecht versorgen konnte, denn ihm fehlte die Beweglichkeit der Lirer Reiterei. Doch jedes Mal blieben Männer auf dem Feld und der Zug der Feinde blieb noch immer groß. Wie zum Hohn wurden die Flügel der Gefallenen Monstren aufgesetzt. Unsere Lehre muss lauten: Auch dieses Heer kann bluten!

Doch die Probe des Mutes des Lirer Adels endete. Der Feind zog in direktem Marsch in Richtung der verillionischen Grenze. Die Strategen setzten sich erneut zusammen und erklärten, dass nun nur noch Murel, Tulderon oder Aklon Stadt als logische Ziele in Frage kämen.

Die Königin Emireé erbat sich die Erlaubnis, ihre verbleibenden Truppen bereits jenseits ihrer Grenze gegen den Feind zu werfen, und räumte den Korridor zwischen der Grenze und Murel von brauchbarem. Einzig die Feste Teslad wurde besetzt gelassen und auch hier wurden so wenig Nahrungsmittel wie nötig eingelagert, um dem Feind das Vorankommen zu erschweren.

Aufgrund der anderen Truppentypen entschieden sich die verillioner Kommandeure dafür, dem Heer eine Schlacht anzubieten. Denn da auch Verillion große Mengen von Soldaten bereits in Anguir hat, verblieben maßgeblich Garden und Leibgarden, wie beispielsweise die Kardinalsgarde. Diese sollten den Gegnern begegnen, Nutzen aus ihrer Überlegenheit als Einzelkämpfer gegenüber den Fusssoldaten des Feindes ziehen und sich dann lösen, um das Manöver an anderer Stelle zu wiederholen. Doch in diesem Falle versagte die Strategie. Wie erhofft konnten sie ein Gefecht zu guten taktischen Bedingungen erzwingen und die Fusssoldaten des Feides, also maßgeblich Mutanten, konnten dezimiert werden. Doch angestachelt durch die ersten Erfolge wurde der Befehl zum Rückzug zu spät gegeben. Die schwereren Einheiten und angeblich selbst einige Kolten trafen mitten in das Gewimmel einer Schlacht, die sich aus Einzelkämpfen zusammensetzt. Dort starben die Chevaliers jeder für sich. Als das Signal zum Rückzug kam, war klar, dass es kein zweites Gefecht geben würde. Unsere Lehre lautet: Die Fusssoldaten können auch von beherzten Einzelnen geschlagen werden. Sie sind nicht mehr wert im Kampf als wir!

Nun hätte der Weg nach Murel, so sie die Festung Teslad nicht angreifen, für das Heer frei sein sollen. Und die Erfahrung lehrt uns, dass der Feind zielstrebig ist. Doch es kam zu einer Verzögerung, die für unsere Vorausposten unerklärlich war. Wir entsandten darauf hin Späher, die uns folgendes Bild der Situation feststellen ließen:

Vor wenigen Nächten hat der Feind in der Dämmerung ein langgezogenes Tal durchschritten. Die Vorhut wurde jedoch, nachdem sie das steile Ende durchschritten hatte abgeschnitten. Als die Nachricht die Hauptmacht erreicht hatte, war diese auch schon gänzlich ins Tal eingezogen und auch am Ende schien es zu Problemen und mangelnder Funktionalität der Befehlsketten gekommen zu sein. Dann erfolgte ein Angriff auf die Hauptmacht, doch der Hergang ließ sich nicht exakt rekonstruieren. Was es gibt sind die Indizien, die zurückgelassen worden waren.

Am Abend und in der Nacht der Geschehnisse berichten die wenigen Menschen, die wenige Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt gewesen waren davon, dass diese Nacht geradezu unnatürlich dunkel gewesen war. Sämtliche Wasserstellen in diesem Tal sind vergiftet worden und vieles was trinken muss, ging an daran zu Grunde. Es wurden Leichen gefunden, die keine offensichtlichen Verletzungen hatten, doch bei näherer Begutachtung wurden kleine Pfeile entdeckt, die scheinbar ebenso vergiftet worden waren. Es wurden große Orks aus dem Norden gefunden, denen mit einem brutalen Schnitt die Kehle geöffnet worden war. Es wurden für den Kampf gezüchtete Tiere gefunden, die sich, scheinbar in wilder Raserei, gegeneinander und gegen ihre Tierführer gewendet hatten. Es wurden menschengroße Kokons gefunden, bei denen ein einzelner blutiger Fleck darauf hindeutete, dass, wer oder was auch immer darin eingesponnen war, tot ist. Ich mache den Spähern keinen Vorwurf daraus, dass sie diese Kokons nicht geöffnet hatten. Fürderhin wurden mehrere Ritualstellen gefunden, an denen dunkle Kessel mit undefinierbarem Inhalt zurückgeblieben waren. Die Männer haben jene vergossen. Es wurden Trichter im Boden gefunden, deren Ränder so beschaffen waren, dass für den, der hinein gleitet, kein Halten mehr gab. Aus dem Boden eines dieser Trichter ragte angeblich sogar noch ein Arm, dem, als die Männer ihn mit einer Schlinge geborgen hatten, der Körper fehlte. „Sauber abgebissen“, war der Wortlaut, glaube ich. Und es wurden Spuren gefunden, die auch die Erfahrensten nicht zuzuordnen wussten. Spuren von plötzlichem Kampf großer Kreaturen inmitten des Heeres. Verbrannte und vergiftete Erde getränkt von schwarzem Blut.

Doch das bemerkenswerteste habe ich mir zum Schluss aufgehoben. Es scheint, dass der vordere Ausgang des Tals von einem gewaltigen Spinnennetz verschlossen worden war. Als es inspiziert wurde, war es zwar zerschnitten, doch mehrere Tote zeugten davon, dass die Besitzerin oder die Besitzerinnen es nicht freiwillig hergegeben haben.

Unsere letzten Lehren lauten: Dieser Feind meines Feindes kann niemals unser Freund sein, aber seine Taten können willkommen geheißen werden. Kolten sterben! Wir wussten es bereits, doch die Späher berichteten von mindestens drei toten Kolten unter den Leichen. Macht es euch bewusst!

Wir haben zweierlei Aufgaben. Die erste ist Murel! Das, was drinnen liegt, darf laut dem Rat von Farnau dem Feind nicht in die Hände fallen, und unsere besten Köpfe arbeiten rund um die Uhr daran, die letzten Puzzelsteine für unser Eindringen in die verfluchten Mauern zusammen zu setzen. Das zweite ist das Heer, das auf uns zuhält. Ich würde gerne eine Aufgabe nach der anderen erledigen, aber dies ist kein Wunschkonzert meine Herren und Damen Offiziere. Die Eierköpfe haben vielleicht drei Wochen, ihren Auftrag zu erfüllen, beten wir zu Ulthor, dass es ihnen gelingen möge.

Das Heer, das auf uns zu marschiert, ist nicht aufgerieben, aber es schmilzt wie ein Eisberg in der Sonne. Wir wollen also ein Feuer zu seiner Begrüßung entfachen.

Der Regen fiel in dicken dichten Tropfen über den Hügeln Anguirs. Durch den Schleier wankten eng gedrängte Gestalten. Triefende Stoffe drückten sich schwer auf Schultern und Köpfe und ließen die Konturen der Gestalten zu vage humanoiden Formen mit kaum erkennbaren, klobigen Gliedmaßen verschwimmen. An der Spitze der Gruppe setzte sich eine Figur leicht ab, wendete und blickte den langsam in größerer Zahl Auftauchenden entgegen. Schließlich wandte sich der Blick einmal rundherum, doch die Wasserwände verbargen die Sicht auf den Horizont und die Umrisse der Hügel rundherum. Eine behandschuhte Hand hob sich einigen Gestalten entgegen, die wenige Schritte abseits ihre Augen auf die Person gerichtet hielten, und gab ein Zeichen, auf das sie gewartet zu haben schienen.

Als der Ruf zum Halten und Lager machen die Reihe der marschierenden Frauen und Männer entlang getragen wurde, konnte man vermeinen, parallel ein tiefes Durchatmen und das Dröhnen des Regens vernehmen zu können.

Hagen konnte nur mutmaßen, aber seiner Schätzung nach wechselte der Ruf mindestens viermal die Sprache, bis er auch die letzten erreicht hatte. Schnell gesprochene sythische Befehle der Dalomasieri, eines kleinen Söldnerhaufens, wurden von vermischten Rufen verschiedener Clanshäuptlinge der Anguirer Freischärler übertönt. Und die ruhigen, fast lyrisch wirkenden Worte einiger Haraliner Elfen, die erst vor kurzem zu diesem Verbund gestoßen waren wurden von den gebellten Kommandos in der Reichssprache durchbrochen. Er benötigte einen Moment, um sich zu vergegenwärtigen, dass die Kommandos vom eigenen Schleifer stammten. Aber er musste nicht exakt hören, was befohlen worden war. Er kannte den Ablauf. Er betrachtete die Kolonne hinter sich, wie sie sich der letzten dieser verfluchten Steigungen für heute entgegen arbeitete. Die ersten konnten noch über festes Gras wandern, doch zweifellos würden die letzten in der Reihe sich über eine Straße aus Schlamm quälen. Er dankte der Vorsehung, dass sein Ritter im Augenblick den Oberbefehl über das vermischte Heer hatte und er und die anderen Waffenknechte des Ritters an der Spitze des Zuges marschierten. Endlich gab es ein Einsehen, dass der Marsch keinen Sinn mehr machte, wie die Anführer der anderen Kontingente es dem Ritter bereits mehrfach klar zu machen versucht hatten. Diese machten sich nun von der Spitze zu ihren Soldaten auf. Hagen suchte den Himmel kurz auf der Suche nach einem Schimmer zwischen der dunklen Wolkendecke ab doch senkte den Blick wieder als einiges Wasser, das sich in einer Kleiderfalte am Hals gesammelt hatte, seinen Kragen im inneren herab rann, den Weg unter den Harnisch fand und sich schließlich über dem engen Gürtel sammelte. Dann wendete er seine Gedanken den Aufgaben zu, die vor ihm lagen. Das Zelt galt es aufzubauen und Kochfeuer … nun, es galt zumindest das Zelt aufzubauen.

Als er versuchte, die von der Feuchtigkeit beschwerte Zeltbahn straff zu ziehen, hörte er die gereizte Stimme seines Lehensherren hinter sich. „Ein feines Örtchen haben wir uns zum Krieg machen gewählt, oder?” Den anderen Obleuten missfiel die Tatsache, dass ein junger Ritter ohne Kriegserfahrung nun das letzte Wort in allen Angelegenheiten hatte, wenn es auch nur für wenige Tage war. Denn der Oberbefehl wechselte ständig, um allen gleiches Recht zu gewähren, die ihre Waffen gemeinsam zu Felde führten. Dass es den anderen missfiel, missfiel wiederum seinem Herren, der besonders von den Anguirer Häuptlingen und ihren Banden von, wie er sie nannte, „Kehlenschlitzern und von-hinten-Stechern, mit wenig Lust für offenen Kampf” wenig Liebe entgegen brachte. Er hatte das Kriegshandwerk an der Ars Bellica gelernt und hatte eine verklärte Vorliebe für das Gefecht Reihe gegen Reihe auf offenem Gelände. Glücklicherweise hatten seine Lehrer ihm jedoch genug Verstand einbläuen können, um zu verhindern, dass er es suchte, wenn der Ausgang nicht klar zu seinen Gunsten abzuschätzen war. Hagen, der bereits des Ritters Vater gegen Hadran gedient hatte, mochte den Jungen und versuchte sein Gemüt auf zu muntern. „Herr, die anderen Herren trauen ihren Soldaten halt nicht über den Weg. Wer weiß wie viele sich bereits im Regen verirrt haben?”

„Wenn sie nur bereit gewesen wären eine Stunde weiter marschieren zu lassen. Wir müssen noch mindesten zwei Stunden Tageslicht haben.”

Hagen versuchte sich den Zweifel nicht anmerken zu lassen. Zum ersten hatte er, bis auf die Knochen durchnässt, frierend und durch die vollgesogene Kleidung und die schwere Rüstung, die von allen Soldaten nur die Waffenknechte ständig tragen mussten, ermüdet, überhaupt keinen Schimmer wie spät es war. Zum Zweiten musste er sich fragen: Und dann? Dann stehen wir einige Schritte weiter entfernt von der Ostküste, die sie − erfolglos − nach Feinden abgesucht hatten. Und zum Dritten und letzten: Welchen Krieg? Er hatte außer zerstörten Gehöften noch keinen gesehen. Der Feind hatte sein Heer scheinbar in viele Abteilungen aufgeteilt und zog landauf-landab durch Anguir. Hinzu kamen Überfälle durch Helingarder Plünderer auf die Küste. Sie würden mehr Männer brauchen als sie jetzt hatten, um diese Abteilungen alle zu stellen, viel mehr Männer. Das war kein Krieg wie er ihn kannte.

„Und es hört ja auch schon auf zu regnen!”, erklärte der Ritter trotzig.

Nun musste er sich ein Auflachen verkneifen. Der Junge Ritter warf die Kapuze zurück, um seine Worte zu unterstreichen, doch die Geste verlor an Dramatik, als sie tropfnass an seinem Hinterkopf hängen blieb und erst langsam in den Nacken rutschte. Doch er hatte recht, der Regen ließ merklich nach. Triefend rammte er die Hände in die Hüfte. „Jetzt werden sie mir doch noch zustimmen müssen.”, sagte er und ging steifbeinig in eine unbestimmte Richtung fort.

Hagen starrte ihm ungläubig nach. Die Männer und Frauen nun wieder aufbrechen zu lassen, würde eine enorm schlechte Stimmung verbreiten und eine feste Siedlung war noch Tagesmärsche entfernt. Die Dörfer hier in der Gegend hatten kaum genug Hütten, um die Offiziere unterzubringen.

Er widmete sich wieder der Zeltbahn und das eintönige Prasseln rund um ihn herum wurde leiser. Bei einem kurzen Blick in die weite Runde konnte er die Hügel um sie herum und sogar Steinformationen auf den östlichen Kuppen erkennen. Sie schienen in einem Tal zu liegen, ein grauenhafter Ort, wenn es nachts weiter oder wieder regnen würde.

Als er zufrieden mit der Spannung des Zeltes war hatte der Regen fast aufgehört und sogar die Sonne zeigte sich zaghaft. „Verdammt, der Junge hatte recht.”, sagte er zu sich selbst als er bemerkte, dass sie noch mindestens zwei Stunden am Himmel stehen würde. Dann fiel sein Blick wieder auf die Kuppen der Hügel. Mit dem Instinkt eines alten Soldaten wusste er, dass etwas nicht stimmte, aber er brauchte einige Sekunden um zu begreifen was. Die Steinformationen waren fort. Noch als er sich ausmalte was das bedeuten könnte erscholl ein mehrstimmiger Alarmruf im Lager und in weniger als 500 Schritt Entfernung tauchten Reihen von Gestalten aus einer Senke vor dem Hügelkamm auf, die die Rufe mit herausforderndem Gebrüll quittierten. Einzelne Kreaturen, die ihre verlängerten Arme wie ein zweites Paar Beine nutzten schossen dem Hauptpulk nun voran, in dessen Mitte sich ein Schildwall aus Helingarder Rundschilden formierte. Ein Banner mit einem Achtstern in dessen ließ keinen Zweifel mehr, der Feind, den sie gejagt hatten, hatte nun sie gefunden.

Es lag noch immer Schnee, teilweise bis kurz unters Knie. Kein Wetter für einen offenen Krieg. Die Zeit ist verronnen wie im Fluge, die Heiler und ihre Helfer hatten im inneren Gormark alle Hände voll zu tun, mein Kopf musste genäht werden, die Wunde wurde gut versorgt, nur der Kopfverband lies mich an meinen Sturz zurück denken. Längst hatte ich die lederne Rüstung meines Vaters wieder angezogen, ich bin in die dritte Einheit der Leichten Plänkler eingeteilt worden. Leutnant Karl gibt klare Anweisung über das was wir zu tun und zu lassen haben. Nicht anders als Zuhause. Ich habe immer gewusst, das all die Jahre bei meinem Weib nicht sinnlos gewesen waren. So habe ich doch zumindest für diese Zeiten meine Lektion sinnvoll genutzt. Aber ich möchte noch berichten, was in der Zeit meines Lazarett Aufenthaltes vor den Toren der Festung vor sich ging.

Hauptmann Rotbart gab nach einigen Tagen den Befehl zum Ausfall.

Das Nordtor Gormarks wurde hoch gezogen, etwa 3 Dutzend schwere Reiter strömten durch das Nadelör und fächerten direkt davor in Formation auf. Das war der Moment an dem die Bögen und Armbrüste der Chaosarmee gefragt wurden. Pfeile und Bolzen prallten auf den kalten Stahl borbanorischer Wappenschilder und fraßen sich darin fest, kaum ein Reiter kam zu Fall. Als die blecherne Reiterei sich ihrem Ziel, den Tribocken, näherte, war es für jeden von ihnen deutlich zu erkennen. Die Schützen der Dunkelheit wurden von einer breiten Armee Nahkämpfer durchschritten. So das auf jeden borbanorischen Reiter gut und gerne 10 Kämpfer Malagashs kamen, die Tribocke in ihrem Rücken sichernd. Kurz vor dem großen Aufprall drehte die Reiterei geschlossen links bei, die Jünger des Chaos eilten so schnell sie konnten herum um die offene Flanke zu verschließen. Die Reiterei drehte ab und ritt in den nahegelegenen Forst. „Ihr Untergang!” „Was für Narren.” „Wir sind verloren” tönte es von den Wällen.

Was keiner von ihnen wusste, ist das die Reiterei jenseits der Hügelkuppen die Täler einsehen konnte und ihre Strategie aus jenem Grunde änderte.

Von den Wällen Gormarks sah es so aus als würde das orkische Gezücht davon laufen. Nichts war mehr zu sehen nur die Tribocke die plötzlich ungeschützt auf freier Pläne, von ihren Baumeistern und dessen Männern geschützt, standen. Das war der Moment den die Reiterei abgewartet hatte. Doch warum liefen die Horden davon?

Martin, einer der Reiter, den ich aus den wöchentlichen Wehrübungen unserer Miliz, bei denen ich im Umgang mit kurzen Waffen lernte, gut kannte, erzählte es mir so:

„Als wir dem Tode ins Auge zu blicken gezwungen waren und die Speere der grünen Pest auf die Brustkörbe unserer Pferde gerichtet, wie eine Wand des Todes vor uns standen, kam der Schrei des Oberleutnants. Wir rissen die Zügel herum und ritten parallel zu der grunzenden Brut nach Westen. Wir folgten dem Oberleutnant in Zweierreihe, erst war es das bloße Ausführen des Befehls ohne zu verstehen warum wir das taten, als ein Blick in den Rücken der grünen Armee mein Seele springen ließ. Sythische Banner am Horizon! Endlich, sie waren da!”

Wo er mir davon erzählte könnt ihr euch sicher denken. Mir wäre auch lieber gewesen, selbst Augenzeuge gewesen zu sein, aber die Verletzung meines Kopfes ließ das nicht zu.

Martin ritt auf Befehl des Oberleutnants aus dem Wald und eliminierte mit seiner Einheit die Baumeister an ihren Tribocken. Das Zerschlagen der gewaltigen Schussapparate war nun ein Leichtes. Die Reiterei machte sich bereit zum Sturm ins Tal, um gemeinsam mit den Verbündeten aus Sythia den Feind zu stellen. Ein Blutbad höchster Grausamkeit, ein Gemetzel, das viele Leben kostete, wütete über Stunden. Der Schnee färbte sich rot, das gesamte Tal wirkte wie ein See aus Blut.

Martin wurde von einem riesigen Mann, welchen ich nicht kannte, ins Lazarett getragen. Beeindruckend, wie ich fand. Auf einer Schulter, mit nur einem Arm haltend, trat der Hüne mit ihm durch die Tür. Martin wog gut und gerne 90 Stein, in Kettenzeug und Reiterplatte gut und gerne 140 Stein. Der Hüne piktischer Abstammung verschwand ebenso schnell wie er aufgetaucht war. Martin lag regungslos auf der Liege, auf die er gebettet wurde, sein langes blondes Haar war schwarz von Asche durchzogen, der glänzende Stahl der Bjergener-Reiterplatte war blutbenetzt. Dann sah ich es, Martin hat sein linkes Auge verloren. Sein Gesicht war von der Explosion eines Sprengfasses entstellt. Hinterhältige Goblins, die wie aus dem Nichts auftauchen und mit einem Knall riesige Gassen in borbanorische und sythische Einheiten sprengen.

Letzten Endes weiß ich nicht ob ich froh bin, nicht dort gewesen zu sein und der Bauer zu bleiben, der ich bin…

Zurzeit ist es Still. Das Chaosheer hat sich in die Wälder zurückgezogen, die Sythische Armee hat in Gormak Einzug genommen.

Die Moral steigt und der Glaube, den Krieg gewinnen zu können wächst von Tag zu Tag.

Der Schnee ist fort, der Frühling scheint Einzug zu nehmen. Ein Wettlauf mit der Zeit hat begonnen.

Wann wird die Finale Schlacht Borbano und seine Brüder endlich erlösen?

In der Hafenkommandantur von Lirkul, an der Bucht von Lir, ging es drunter und drüber. Nachdem der Export von „kriegswichtigen Gütern” in verschiedene Länder von offizieller Seite erlaubt und durch die Senkung von Zöllen gefördert worden war, gaben sich die Händler und Unterhändler, die Kapitäne und Offiziere die Klinke in die Hand. Baroslaw Nikolaus Zabrenjow, seines Zeichens Seegüterkontrolleur für Gefahrengut und Sonderbeauftragter für Seuchenkrankheiten hatte soeben eine Aufforderung erhalten, den Holk, der unter dem Seuchenstande seit zwei Tagen nahe der Hafeneinfahrt ankerte, zu requirieren. Der Absender war die Firma Stahlprom, ein Rüstungsschmiedenkonglomerat mit Verbindungen zum Militär und angeblich sogar zum Zaren. Der Text beinhaltete die Aufforderung zur Requirierung, Paragraphen die das Ganze angeblich legitimierten, eine Erklärung, warum das Frachtschiff angeblich die Einfahrt erschweren würde, wie es viel kriegsdienlicher als jetzt wäre und einen Vorschlag über den Umgang mit dem Schiff. Es solle zur „Desinfektion” der Firma Stahlprom übergeben werden. Jene würde sich großzügig darum kümmern und das Schiff nach Abschluss „umgehend” wieder an den Besitzer, übrigens den Kapitän, welcher sich an Bord befand, zurückgeben. Es folgten noch Beispiele nach denen hoheitliche Aufgaben bereits zuvor an Privatunternehmer übergeben worden waren und einige Andeutungen über den Umfang der Bestechungsgelder, die im Falle der Ausführung fließen würden.

Selten waren Schiffe so wertvoll, dachte Baroslaw bei sich. Dann dachte er an den Kapitän der Holk. Er hatte diesen bei einigen Gelegenheiten getroffen. Ein klassischer Seebär, der kaum mal eine Woche am Stück auf dem Land verbringen konnte, ohne unruhig zu werden. Er hatte eine hübsche junge Frau bekommen können, die es sich in der Stadt gut gehen ließ, während der Mann unterwegs war. Baroslaw fand, dass dies eine gute gegenseitige Übereinkunft war. Natürlich setzte sie ihm Hörner auf, aber er ihr auch… immer wenn er in See stach. Wenn er daheim war, war sie freundlich zu ihm und sie hatte ihm zwei gesunde Kinder geboren. Wenn er das Schiff requirieren ließ würde er, so er denn nicht schon an der Seuche an Bord seines Schiffes gestorben war, sein Schiff ohne Zweifel nie wieder bekommen. Die Firma würde das pro cedere in die Länge ziehen, bis er bankrott war. Eventuell würden sie ihm danach ein Patent als „Vertragskapitän” auf seinem ehemals eigenen Schiff anbieten, schließlich kannte er es am besten.

Bevor er ernsthaft darüber nachdenken konnte, auf das Angebot einzugehen, musste er sich jedoch vergewissern was exakt auf dem Schiff vor sich ging. Es war erst vor knapp über zwei Wochen mit Zielhafen Morum in Laikeria ausgelaufen und dann offensichtlich umgekehrt. Es war noch keine Nachricht über die Situation an Bord zu ihm gekommen und er wusste, dass wenn er sichere Informationen wollte, er sich selbst darum kümmern musste. Er seufzte und machte sich auf den Weg.

Als die Schaluppe längsseits zu der größeren Holk ging wusste Baroslaw bereits, das etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Niemand hatte auf sein Rufen geantwortet und es war kein Betrieb an Deck. Er konnte sich denken was dies bedeutete und schluckte schwer. Krankheiten an Bord waren furchtbar, wenn man nicht das Glück hatte, einen fähigen Bordarzt zu haben und leider schlossen sich diese Begriffe kategorisch gegenseitig aus. Pfuscher, Alkoholiker und gesuchte Verbrecher waren deutlich eher dazu bereit, ihr Leben an Bord eines Schiffes zu verbringen als brauchbare Mediziner. Er legte eine Pestmaske an, zog sich die Handschuhe über und ließ, nachdem er seinen weiten Teerumhang angelegt hatte diesen an den Handgelenken zubinden. Dann nahm er seinen Peststab an sich und begann an einem Kletternetz, das glücklicherweise ausgelegt war, empor zu klettern. An Deck konnte er den eindeutigen Geruch von Verwesung wahrnehmen, aber noch keine Leichen sehen. Er konnte erkennen, dass die Takelage nicht ordentlich verschnürt war. Das Steuer war ebenfalls nicht blockiert worden und schlug in der Strömung hin- und her. Bevor er sich auf die Suche nach der Mannschaft machte tat er was jeder, der etwas über einen Vorgang an Bord wissen wollte, zu tun hatte: Er ging zur Kajüte der Kapitäns und schaute in das Logbuch.

In der Kajüte angekommen erwartete ihn nichts Ungewöhnliches. Das Bett des Kapitäns war in einen Stoffschleier, der von der Decke herabhing, gehüllt und er konnte erkennen, dass eine reglose Person darin lag. Als diese auf ein Ansprechen nicht reagierte wandte er sich dem aufgeschlagenen Logbuch zu und suchte nach Einträgen kurz vor dem Auslaufen aus Lirkul. Schnell hatte er sie entdeckt und begann zu lesen:

2. Tag Wetter: klar; Wind: böig SSW; ~11°C

Ladung nachgezurrt, Leibstrafe: Vollmatrose Iljia Wlochin wg. Trunkenheit, beginnen wie erwartet gegen den Wind zu kreuzen

3. Tag Wetter: klar; Wind: Flaute; ~8°C

Flaute den ganzen Tag

5. Tag Wetter: klar; Wind: leicht W; ~6°C

Rauch am Horizont, bei Prüfung nichts zu finden außer Trümmern und Leichen; Trümmer aufgenommen zur späteren Identifizierung wenn möglich; Möge sich ein Gott ihrer Seelen erbarmen. Bereitschaft am Waffenschrank eingerichtet wg. Piratengefahr.

6. Tag Wetter: bewölkt; Wind: leicht W; ~3°C

2 Paar Segel am Horizont, leicht südlich, viel Rauch im Norden auf laikerianischem Boden, ändern Kurs auf südlichere Route; kurz vor Dunkelheit kommt ein Paar Segel wieder in Sicht, es setzt sich auch auf unseren Kurs und scheint unter vollen Segeln unterwegs

7. Tag Wetter: Nieselregen; Wind: böig NW; ~4°C

Verfolger hat in der Nacht aufgeschlossen, da Mannschaft in Sorge Waffenausgabe an Offiziere; Nachmittag zu erkennen: Keine Farben gehisst und Segel voraus; Später Abend: Entgegenkommendes Schiff: Keine Farben gehisst; Beides Galeeren oder Galeassen; Ausweichen in der Dunkelheit geplant…

Baroslaw wusste das dies eine äußerst kritische Situation war. Zu diesem Zeitpunkt musste das Schiff bereits in den „Hals” der Bucht eingefahren sein, somit gab es bei je einem unbeflaggtem Schiff von vorn und einem von hinten kaum ein Entkommen, insbesondere wenn der Wind schlecht war und die Verfolger Ruder hatten. Auf offener See wäre er ihnen sicher entkommen. Dass es Piraten oder Freibeuter waren, daran bestand kaum ein Zweifel, niemand fuhr in Kriegszeiten ohne Beflaggung, wenn nicht in feindlicher oder zumindest zweifelhafter Absicht. Und kein Land verwendete hier in der Nähe galeerenähnliche Schiffstypen, außer ihren Verbündeten. Er fragte sich, wie die geruderten Schiffe wohl an dem laikerianischem Geschwader, dass die Zufahrt zur Bucht kontrollierte vorbei gekommen sein könnte. Ein Manöver zum Kurswechsel mit Land so nah anbei war in der Dunkelheit schwierig, aber der Kapitän kannte die Gewässer, somit könnte ihm dies wohl gelingen.

… Nach Einbruch der Nacht volle Segel und Lichter an Bord gelöscht; Wind dreht in der Nacht: endlich mehr Fahrt; Kurswechsel 45o Nord; kreuzen eng; Nach 3 Stunden Fahrt: Korrektur auf Generalkurs West; um 3 Uhr Rudergeräusche Backbord voraus, das entgegenkommende Fahrzeug hatte ebenfalls nach Norden abgedreht, aber glücklicherweise zu knapp; totales Sprechverbot an Bord; Schreibe unter Deck; bin zu alt für so etwas

8. Tag Wetter: Regen; Wind: schwach W; ~4°C

Bei Tagesanbruch beide Segel achtern auf Verfolgungskurs; wenn wir nicht an Fahrt gewinnen werden sie uns dank ihrer Ruder gegen Nachmittag einholen; Entscheidung: Gewicht verlieren, Verbrauchsmaterial geht über Bord

Selber Tag, Mittag:

da es nicht auffrischt: Entscheidung: Gewicht verlieren: Verpflegung

Es ist zu erkennen, dass es sich um zwei schnelle Galeeren laikerianischer Bauweise handelt; Neues Ziel: Hafen von Ymsk

Selber Tag, Nachmittag:

da es nicht auffrischt: Entscheidung: Gewicht verlieren: günstige Ware (vgl. Bordliste); Verdammt, Verdammt, Verdammt!

Vollmatrose Potjekinowitsch verlangt im Namen der Mannschaft alle Ware abzuwerfen, da könnte ich gleich hinterherspringen! Ich habe die Entscheidung bis in den Abend aufschieben können.

Selber Tag, Abend:

Wind aus O kommt auf. Ich danke allen Göttern die zuhören. Die Galeeren waren bis ¼ Meile herangekommen, jetzt halten wir die Distanz

Wind wird stärker, Leuchtfeuer von Ymsk nicht zu erkennen; wir erhöhen vermutlich den Abstand

Selber Tag, Nacht:

Sturm aus SO kommt auf; die Ladung ist nicht mehr gut ausbalanciert, lasse nachbessern so gut es eben geht

Der Sturm trägt uns voran, ob wir wollen oder nicht, wir müssen Ymsk verpasst haben und können es uns nicht leisten die Segelfläche weiter zu kürzen als jetzt. Es sind Stimmen im Wind, zischend und klackend, wie ein schwellender Gesang. Ein grünliches Licht scheint von der sheldirischen Küste auszugehen und es ist, als käme der Sturm direkt von dort.

Viele Positionslichter voraus, evtl. das Verbündete Geschwader

Die Segel reißen, wir können niemanden mehr in die Wanten schicken, um sie einzuholen. Die Stimmen erreichen ein Crescendo. Dies ist unnatürlich! Der Sturm hat gewaltiges Ausmaße angenommen, allein die Götter mögen uns nun zu helfen.

Sturm legt sich wir hatten eine Kollision, Status: kleines Leck abgedichtet; 2 Mann (Vollmatrose Iljia Wlochin, Halbmatrosin: Petra Gananwinskaja) über Bord gegangen; keine Suche eingeleitet. Vergebt mir. Wir sind mitten in einen Lastkahn ohne Positionslichter gescheppert, bei dem eine durchgängige Bretterkonstruktion das Deck bedeckt, selbst der Mast wurde gekappt. Keine Besatzung an Bord. Herkunft: Morum, zerfetzte Teile zweier dicker Taue laufen an Bug und Heck quer über das Schiff. Wir sind jetzt mitten in den Positionslichtern, die wie wir vom Sturm zerstoben werden. Gelegentlich sind Rufe und Stimmen um uns, aber wir verstehen die Sprache nicht.

Nach allem was ich weiß hätten wir diesen Sturm nicht überstehen können. Es scheint, dass wir als einziges Schiff weit und breit noch fahrtüchtig sind, irgendwer war mit uns!

9. Tag Wetter: Schwere See; Wind: stark aus W

In der Morgendämmerung erkenne ich was um uns herum ist, aber ich verstehe es nicht. Dutzende Lastkähne aus Morum treiben führungslos und teils sinkend hier im engsten Punkt der Meerenge zwischen Sheldiria und Laikeria. Viele sind an die Ufer gedrückt worden. Wir sind mitten in einem Trümmerfeld! Der stete Gegenwind verhindert das gerade durchfahren der Meerenge und kreuzen ist hier nicht möglich, wir schlingern mehr als das wir fahren. Am Nordufer sind Gestalten, aber hier ist nicht an ein Anlanden zu denken. Die Galeeren sind nicht in Sicht. Es scheinen auch Schiffe aus Lentusk dabei zu sein.

Selber Tag, Morgens:

Befehl zum Wenden. Kurs Lirkul

Wir haben eine Leiche zwischen den Trümmern geborgen, um mehr Aufschluss zu erhalten. Wir sind nicht sicher was es genau war, doch die Zeichen waren eindeutig. Dunkle Runen waren in das vom Meer erweichte und pockenübersäte Fleisch geritzt und ein Zeichen stach unter allen anderen hervor: Mogasz, Herr der Krankheit und des Verfalls wurde im Sein dieser Kreatur gehuldigt. Wir warfen ihn umgehend wieder über Bord. Ich weiß nun auch was es mit den Schiffen auf sich hat: Pontons. Pontons für eine gewaltige Brücke nach Sheldiria. Die Schiffe müssen teils von Morum aus um die Halbinsel gebracht worden sein, um hier als Brücke zu dienen. Andere, von Lenstusk und Ymsk, wurden denen beigefügt. Es ist eine Brücke für eine Armee. Doch der Sturm hat das gewaltige Projekt zerschlagen, wie ein göttlicher Hammer. Fast schade, dass die Brücke scheinbar noch nicht in Verwendung war als sie niedergerissen wurde.

10. Tag Wetter: klar; Wind: stark W; ~5°C

Wir haben eine Krankheit an Bord. Die Seeleute, die den Leichnam aus dem Wasser gefischt haben klagen über Mattigkeit und hohes Fieber. Wir haben sie isoliert und hoffen für sie und uns. Wir sehen im Norden Rauchsäulen aufsteigen. Auch diese bewegen sich nach Osten. Das Heer scheint sich ein neues Ziel gesucht zu haben…

12. Tag

Über die Hälfte der Besatzung ist erkrankt. Ich selbst spüre es ebenfalls in mir gären. Wer auch immer im Sturm seine Hand über uns hielt: Habe ein zweites Mal Mitleid! Der Krankheitsstander ist gesetzt, hoffentlich erreichen wir Lirkul zeitig.

Das war der letzte Eintrag. Baroslaw atmete einmal tief ein und aus. Dann blickte er auf die große Karte in der Kajüte des Kapitäns. Ein Ziel für ein Heer, östlich von Ymsk… sein Blick glitt auf das Ländereck südlich von Rulos: Lir, Urs Sanktum, Rulos … dann blieb der Blick an einem Namen hängen von dem er vor kurzem hörte, dass dort etwas Ungewöhliches vor sich ging, ein Name in den Grenzen Verlillions: Murel.

Eine Streitmacht von Orks und Ogern, verstärkt durch einige Helingarder unter den Bannern Tyrbolds, bricht aus den Orklanden hervor und flutet in die Wilden Lande. Auch Mutanten scheinen sich diesem Heer angeschlossen zu haben. Noch ist unklar, was das Ziel dieses Heerzuges ist. Die Menschen in Sternthal und Borbano haben ihre Städte und Festungen verbarrikadiert und hoffen, daß die Gefahr an ihnen vorbei ziehen möge. Zumindest für einige borbanoische Grenzstädte scheint sich diese Hoffnung nicht zu erfüllen.

Es lag noch Schnee auf den Wiesen und Feldern unserer Dörfer, es waren kalte Tage und noch kältere Nächte, welche uns das Leben schwer machten. Das vergangene Jahr brachte reichlich Getreide und auch Gemüse ein, die Jagt hingegen lief nur sehr schleppend. Kaum noch Wild war in den südlichen Ausläufern der Orklande ausfindig zu machen. Hungern mussten wir dennoch nicht, dachten wir…

An einem besonders kalten Wintertag begann es dann. Ich war gerade damit beschäftigt, eingemachte Bohnen und Kürbisspalten aus unserem Vorratskeller zu holen, welcher am Rande unseres Hofes, nahe des Waldes, unter der Erde lag. Mein Gesicht hatte ich mit Mütze und Schal soweit vermummt, das nur noch ein winziger Spalt zu sehen blieb. Als ich in den Keller hinab stieg, hörte ich plötzlich dieses Donnern und Beben. Es war leise und undeutlich, kaum auszumachen. Ich lockerte meine Mütze und den Schal um mein linkes Ohr zu befreien und dieses merkwürdige Dröhnen besser benennen zu können. Es wurde lauter und das Beben heftiger. Als würde der Boden einen gleichmäßigen Takt spielen. Aber wie sollte das möglich sein? Ich legte zwei Gläser Bohnen in den Korb und stieg aus dem Keller hinauf, verriegelte die Tür und sah mich um, mein Gesicht war noch immer enthüllt, da ich zu neugierig war woher wohl diese Klänge kamen. Nichts, kein Laut ist mehr zu hören. Als wäre dort nie etwas gewesen. Hatte ich mich getäuscht, oder können es Mäuse im Vorratskeller gewesen sein? Wie dem auch sei, Eva wartete auf mich, sie bereitete das Essen vor und wenn ich nicht bald mit den Bohnen kommen wurde, war mir ein mauliges Eheweib gewiss. Da meine Eva so nachtragend ist und den Tag schon mit dem falschen Fuß begonnen hatte, würde das den Verlauf des Tages nicht angenehmer gestalten.

Als ich mich unserem Haus näherte stand Eva bereits in der Tür und fragte mit einem unangenehmen Unterton, wo ich so lange gewesen sei.

„Ludwig”, fauchte sie, „wo bleibt das Feuerholz? Du solltest erst Feuerholz holen, dann die Bohnen, wie soll ich kochen wenn das Feuer nur noch glimmt?”

Recht hatte sie, aber ich war es wirklich leid ihr ernsthaft zu zuhören, wenn sie mich wie eine Mutter versucht hatte zu belehren.

Ich machte mich also rasch auf den Weg, das geschlagene Holz aus dem Unterstand zu besorgen, um meinen Hausdrachen zu beruhigen. Da sah ich es! Unser Hof lag an einem Hügel ganz im Norden Gormarks, vom Unterstand aus konnte ich am Wäldchen vorbei in die ebenen Flächen der Orklande hinab blicken. Eine bewegliche Schlange aus unzählbaren Kreaturen bewegte sich auf unsere Ländereien zu, ich konnte orkische Banner erkennen, es waren aber auch Menschen in den Reihen der grünen Flut. Jetzt endlich ertönten Gormarks Rufhörner und schlugen Alarm. Doch es war deutlich, wenn diese Armee durch Borbano marschieren würde gäbe es keinen Ausweg. Unsere Mauern waren stark, aber wie lange könnten unsere Bogenschützen die anströmenden Massen zurückhalten. Plötzlich begann es hektisch zu werden. Die Verteidigungswälle unserer Festungsanlagen fluteten sich mit Bogenschützen, hinter den Toren sammelten sich Schwert- und Speerkämpfer. Und das Beben des Bodens würde mit jedem Schritt der grünen Welle lauter. Ich befürchtete, daß unsere Mauern schon durch den bloßen Druck des Bodens reißen könnten. Ich stand noch einen Augenblick lang fassungslos da, bis mir klar wurde das ich handeln müsse. Ich gebe es offen zu, ich war mir meiner Entscheidung nicht gewiss, laufe ich fort oder rüste ich auf? Ich lief ins Haus, wo meine Frau sofort mit dem Nörgeln begann, ich ignorierte sie, lief in meine Kammer, zog mir die alte Lederrüstung meines Vaters über, ich selbst bin nie ein Soldat gewesen, ich bin Bauer. So nahm ich mein Beil, die Waffe mit der ich wohl am meisten Erfahrung hatte, wenn auch nur im Kampf gegen knorpeliges Holz. In die andere Hand nahm ich eine Kette, ich erhoffte mir damit Feinde vom Hals halten zu können. Ich hatte Angst und mit jedem Schritt den ich den Stadtmauern näher kam wurde meine Angst stärker, so müssten sich die Lämmer vor der Schlachtbank fühlen.

Ich habe noch nie gekämpft, noch nie einer Fliege ein Haar gekrümmt und nun steht der Krieg vor unserer Tür und die Trommeln werden lauter.

Die Nacht nahm allmählich Einzug, das Warten unter immenser Anspannung war wie das Inferno. Alles was wir sehen konnten war unsere eigene Mauer und unsere Bogenschützen, die unermüdlichen Pfeilhagel auf das Bündnis von Orks und wilden Menschen regnen ließen. „Mutanten!!!” tönte es von den Schützenwällen, „Sie Haben Mutanten in ihren Reihen.” Ich kann nicht mehr sagen was schlimmer war, die Schmerzen in Fingern und Füßen, welche auf erste Erfrierungen hindeuteten oder die kalte Furcht, die mir den Schweiß auf dem Rücken gefrieren ließ. Plötzlich knallte es. Die Bogenschützen auf den Mauern zogen sich dichter zusammen und feuerten Pfeile in Richtung Tor als gäbe es kein Morgen mehr. Nun muss es soweit sein, dachte ich mir und erneut prallte die schwere, von Ogern getragene Ramme gegen das Tor. Wieder und wieder. Plötzlich hörte es auf und die borbanorischen Bogenschützen verteilten sich wieder großzügiger auf den Mauern, Kinder eilten herbei mit Köchern voller Pfeile, um die Bogenschützen zu versorgen. Ich betete, sie mögen verschont bleiben, sie waren noch so jung und hatten ihr Leben noch nicht einmal begonnen zu leben. Möge Fardea ihnen gnädig sein. Ich öffnete meine Augen und sah, wie es erneut zu schneien begonnen hatte. Der Pfeilhagel beruhigte sich, es wurde stiller. Die Ruhe vor dem Sturm? Es schien als würde sich das feindliche Heer neu ordnen, außerhalb der Reichweite der Schützen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, und das Warten nahm kein Ende. Wieder eilten Kinder und Frauen herbei, diesmal mit Körben voller Brot. Jeder bekam ein Stück. Beeindruckend wie die Versorgung ablief, zahlreiche fleißige Helfer, ein wirklich geordneter Ablauf. Jeder hatte begriffen, daß es hier nicht um eine Fehde ging, sondern um das nackte Überleben. Die Stunden verstrichen, jedoch nicht wie im Fluge. Die Müdigkeit schien ebenfalls zu einem heimtückischen Feind zu werden, gepaart mit der Kälte, eine kaum zu ertragende Folter. Doch wir mussten aushalten. Es vergingen zwei ganze Tage, wir versuchten im Wechsel zu schlafen, hüllten uns in Wolldecken, die Angst und die Anspannung wurden gänzlich vom Schmerz abgelöst. Immer im Winter kommt das Pack, sie sind zäher und kältefester als wir Menschen, das wissen die Grünhäute genau, so dumm und einfach sie auch sein mochten. Unmittelbar neben mir brachen immer mehr meiner Landsmänner völlig entkräftet und unterkühlt zusammen. Wir hatten nahezu keine Verwundeten und doch hatten unsere Heiler alle Hände voll zu tun. Das rege Treiben auf unserer Seite der Mauer wurde schlagartig zäh, als ein gewaltiges Krachen die Mauer erschütterte. In kürzester Zeit schlugen unzählbare Felsbrocken gegen die Mauer. Es begann Steine und Felsen zu regnen, Häuser und Soldaten wurden regelrecht zertrümmert und unter den gewaltigen Lawinen begraben. Sie hatten Tribocke errichtet und nahmen uns in die Mangel, nur eine Frage der Zeit bis die Mauer brach. Keine Möglichkeit für uns, einen Gegenangriff zu starten, die Reichweite unserer Pfeile war geringer als die Wurfkraft der gewaltigen Schleudern.

„Wir haben keine Wahl, Herr Hauptmann” hörte ich unseren Baron, Tjorben von Gormark, sagen. „Wir müssen einen Ausfall wagen. Wir können nicht hier verharren, bis der Sturm den letzten Stein gespalten hat…”

Ich hörte es zwar, nahm es aber nicht wirklich wahr, was das hätte bedeuten können.

Hauptmann Rotbart grummelte mit zorniger Stimme: „Dann soll es so sein!”, brüllte aus voller Kehle: „Schickt die schwere Reiterei!”

Meine Augen vielen zu, ein Gefühl des Sterbens übermannte mich, aus vollem Stand fiel ich nach hinten weg, wie in Zeitlupe nahm ich es war, der dumpfe Schlag meines Schädels auf die Kopfsteine des Innenhofes nahmen mir die Sinne…

Fortsetzung folgt!

Ich verfluchte innerlich meinen Freund Mamercus, an den ich regelmäßig dachte, wenn ich versuchte mein Gewicht im Sattel vorteilhaft zu verlagern. Es erfolglos zu verlagern, darf ich hinzufügen. Er wurde nicht müde seine kleine „Heldentat” zu betonen, seid er mit seiner Aliquod eine verwundete Späherin aus Raikal in einem Scharmützel aufgegabelt hatte. Was ich ihm zugestehen muss ist, dass die Nachrichten, welche die jung wirkende Frau brachte tatsächlich wichtig waren. Sie hatte ein weiteres Heer Koltes entdeckt, das im Eilmarsch in südwestliche Richtung unterwegs war. Der Reichstraße folgend war es unterwegs nach Morum, einer der großen Hafenstädte am Nornesund.

Drei Tage nach seiner Rückkehr, nachdem Befehle direkt vom Praeton Maximus eingetroffen waren, waren wir in Marschbereitschaft versetzt, einen weiteren Tag später sind wir instruiert und ausgesandt worden, um möglichst vor diesem neuen Gegner in Morum anzukommen.

Auf dem großen Kartentisch im Hauptlager war das Gebiet, das wir zu durchqueren hatten, keine zwei Ellen lang gewesen. Irgendjemand, vielleicht ja die hübsche, dunkelhaarige Assistentin des Praeton der Legio Inferi, hatte ein Steinchen neben das große Symbol gelegt, welches das Lager selbst darstellte. Ein zweites ähnliches Steinchen war nach Morum gestellt worden. Diese beiden Steine repräsentierten unsere Einheit, sowie unser Ziel. Das erste Steinchen würde binnen der Reise entsprechend der errechneten Dauer im halbtagesrhythmus fortbewegt werden. Die Position der Truppe würde angepasst werden, wenn man Meldung von uns erhielt, was nicht wahrscheinlich war. Man konnte keine Männer entbehren und das zivile Meldereitersystem konnte aus der Gefahr einer Infiltrierung heraus nicht verwendet werden. Eventuell würde sich ja eine Möglichkeit ergeben Verwundeten, die uns ohne jeden Zweifel begegnen werden, Nachrichten mitzugeben, hieß es.

Die Einheit, die für diesen Ritt zusammengestellt worden war, bestand aus den 50 besten Reiterinnen und Reitern, sowie 100 Pferden der 50. Legion. Zuzüglich sind uns eine Handvoll Späher, sowie zwei ortskundige Führer und ein verbeamteter Politkommissar zugeteilt worden. Der Kommissar im Range eines Auditors erwies sich glücklicherweise als Veteran und nicht etwa als einer der weichhändigen Schreiberlinge. Er sollte den Nachrichten die wir nach Morum zu bringen hatten Gewicht verleihen. Wir hatten Befehl selbst schnell zu sein, so schnell wie möglich. Uns war erweitertes Requirierungsrecht zugestanden worden, so dass wir alle tauglichen Pferde, die wir unterwegs sahen mitnehmen und die lahmenden und zuschanden gerittenen zurücklassen konnten. Wer kein Pferd mehr hatte wurde zurückgelassen und sollte sich schnellstmöglich wieder zurück zum Heerlager begeben. Keine Kochtöpfe, keine Zelte, keine schwere Rüstung und keine Schilde sollten uns beschweren, somit waren wir auf das angewiesen was wir am Leib trugen.

Der Befehl, der sich in den Satteltaschen des Auditor befand ist so unklar, wie es sich jeder Soldat nur in seinen schlimmsten Träumen auszumalen vermag. Es war ein grauenhaftes Konglomerat von „aber”, „wenn” und „im Falle von” Formulierungen. Es war ein Befehl für Beamte und nicht für Soldaten. Ich, wie auch alle weiteren Reiter mussten ihn annähernd Wortgetreu auswendig lernen. Nicht das ich Hoffnung gehabt hätte, dass ihn jemand befolgt, wenn er von einem Garganes allein überbracht worden wäre. Er war zu abwegig. Sinngemäß lautete der Inhalt:

Ein koltisches Heer wird, wenige Tage nach diesen Reitern, in Morum eintreffen. Evakuiert die Stadt, nehmt alles mit was einem Heer nützlich sein könnte und verbrennt jedes seetaugliche Vehikel!

Eine zweite Truppe war in etwas geringerer Eile nach Norn geschickt worden. Andere, kleinere Abteilungen ritten auf annähernd jedes Dorf zu, über das bekannt war, dass es über Schiffe verfügte. Über Norn und Morum wurde nach den Zeiten des Krieges zwischen Laikeria und Aklon annähernd der komplette Handel zwischen dem Kernland und der Halbinsel von Lentusk abgewickelt. Dort gab es Schiffe, viele Schiffe. Zwar waren wenige davon hochseetaugliche Handelsschiffe oder Kriegsgaleeren, doch ansonsten war der Hafen stets überfüllt mit flachen Kähnen, die zwar über geringen Tiefgang, aber eine hohe Ladekapazität verfügten.

Während wir ritten fragten wir uns ständig warum der Feind, der über die angeblich so großen und beeindruckenden Kriegsgaleeren verfügte dieses Sammelsurium schlingernder Kähne wollte. Wir fragten uns warum der Feind durch unser Kernland marschiert, wenn er ein anderes Ziel hat. Wir fragten uns warum die Lemuren, deren Festungen mitten in der Narbe lagen nicht herausgekommen waren, um den Übergang der Narbe zu verteidigen. Wir fragten uns, wer in unseren Reihen uns diese „Ehre” eingebrockt hatte. Wir fragten uns warum wir denen die Kähne nicht einfach lieferten und ihnen nett winkten, während sie versuchten damit an einer anderen Stelle, in einem anderen Land anzulanden…

Der Kommissar, der sonst recht schweigsam war gab uns am vierten Tag des Rittes Antworten. Nicht das wir ihn gefragt hätten, Soldaten murren nun einmal, aber er erklärte, dass es in diesem besonderen Falle sinnvoll sein könnte zu wissen was vor sich geht.

„Erstens,” sagte er laut und zackig, „kann man auf Kriegsschiffen keine Truppen transportieren, zumindest nicht in großer Zahl. Zweitens, irgendjemand, dem alle denkenden Wesen danken sollten, wollte es dem Feind wohl möglichst schwer machen, als er das Herzland des ewigen laikerianischen Imperiums mitten in seinen Weg warf. Stellt euch vor, sie hätten auf ihrem Weg nach sonstwo als erstes durch Verillion gemusst! Ich verwette meine Rente, dass der Rest der Welt es erst bemerkt hätte, wenn plötzlich Mutanten anstatt von Tanzlehrern auf deren Bällen erschienen wären.” Dies rief allgemeines Gelächter hervor und lockerte die Stimmung, zumindest hielt er keine dieser pathetischen Ansprachen „Zum Staate”, deren Anhörung keine Extraration dieser Welt wert waren.

„Drittens, I-So-La-Ti-O-Nismus, merkt euch dieses Wort, für den Fall, dass euch ein Lemur mal um etwas bittet. Wie du mir, so ich dir, nicht wahr? Viertens: Eine gottverfluchte Ehre ist es allemal, jeder der dieses Wort in einer der großen Legionen des Staates ohne einen wohligen Schauer auf dem Rücken gebraucht möge den tausend Männern und Frauen vor ihm, die diesen Rock getragen haben Rede und Antwort stehen.”

„Tausend? Den Löchern nach zu urteilen waren es mehr und außerdem klebte an meinem Rock noch Blut als ich ihn bekam…” murmelte Kurala Minor. Glücklicherweise schien der Kommissar sie nicht gehört zu haben.

„Und Fünftens, weil wir die verdammten Bastarde zwischen Meer und Narbe einschließen können. Und wenn wir sie eingeschlossen haben können wir sie stellen und vernichten. Wenn sie ab schippern macht das ansonsten wohlmöglich jemand anderes.” Er lächelte und wir lächelten. Doch fragte ich mich auch, ob ich mich als Kommandant auch für das „Einschließen” in einem Gebiet, das ein Viertel des Reiches darstellte entschlossen hätte. Zuzüglich war die Armee allen Parolen zum Trotz aktuell kaum in der Lage ein zweites koltisches Heer zu „stellen”. Eventuell käme ja Verstärkung, aber von wo? Rulos? Die Schwarzburger haben Rulos gott-weiß-wohin verlassen und auf die restlichen Truppen konnte ich verzichten. Urs-Sanktum? Wenn ein ultorianisches Heer laikerianischen Boden betreten würde gäbe es wohlmöglich einen Aufstand und wenn Malagash persönlich unter den Invasoren wäre. Die Lirer Truppen waren bereits beim Hauptheer. Dies waren meine Gedanken als ich mich in meine Decke wickelte.

Der Ritt ging weiter. Auf halbem Wege zwischen Morum und dem Heerlager nördlich von Laikeria Stadt kamen uns das erste Mal Flüchtlinge aus dem Osten entgegen. Sie wurden befragt, um den Standort des gegnerischen Heeres ausmachen zu können, doch sie hatten noch nicht einmal deren Vorreiter zu Gesicht bekommen. Kurze Zeit später trafen wir auf den ersten Garganes. Es war ein junger Mann von vielleicht 19 Jahren. Er gehörte nach eigener Aussage zu der Besatzung eines Winterkastells südwestlich von Morum. Der Kommissar verhörte ihn zusammen mit dem Offizier. Eine Stunde später hing er, seiner Uniform ledig am nächsten Baum. „Deserteur.” stand auf einem Schild, dass um seinen Hals baumelte.

Dann endlich die erste Meldereiterin: Wie erwartet war es dem Feind gelungen die Brücke zwischen Rudnoy und Morum zu überqueren. Die Frau die die Nachricht ursprünglich zur nächstgrößeren Bastion, also eben nach Morum, gebracht hatte gehörte zu einer der Zollstationen am Brückenkopf und war aufgebrochen als das erste Mal, noch knapp nördlich der Brücke, Kontakt hergestellt worden war. Da die Nachricht seit dem Reiter und Pferd regelmäßig wechseln konnte, waren wir gut in der Zeit.

Bei der Segetium Kreuzung trifft die große ost-westliche Reichsstraße, die das Land zwischen Morum und Madrum teilt, auf die nordwärts führende Straße aus Norn und nimmt diese in sich auf. Nördlich von Morum wiederum wechselt die Reichsstraße die Richtung auf Rudnoy. Als wir also diese Kreuzung erreichten waren ungefähr ein Viertel unserer Pferde unbrauchbar geworden, was bedeutete, dass der Rest nun noch weniger Rast bekam. Wir hatten wiederum ungefähr drei Viertel der Strecke in bemerkenswert hoher Geschwindigkeit hinter uns gebracht.

Uns war es aber wie erwartet nicht gelungen die Ausfälle durch Krankheit, Verlust von Hufeisen, Fehltritte und schiere Erschöpfung voll zu kompensieren. Ab jetzt sollten jeden Tag weitere Tiere, zitternd, schwitzend und mit Schaum vor dem Maul, ausfallen. Manchmal bin ich froh auf den Rat gehört zu haben nie einem Tier einen Namen zu geben. Den Soldaten erging es inzwischen nicht besser. Wir schliefen und redeten wenig. Zwar war jede Frau und jeder Mann müde genug, um mehrere Tage schlafen zu können, doch die verspannten Gliedmaßen machten es fast unmöglich Ruhe zu finden. So wälzten wir uns, so wir keine Scheune oder kein Kastell fanden, nachts unter freiem Himmel und auf dem nackten Boden hin und her. Soldaten jammern sagte ich, jeder Kommandeur weiß das. Und jeder gute Kommandeur weiß auch, dass wenn das jammern ausbleibt etwas falsch läuft und er reagieren sollte.

Am Tag darauf starb der erste. Sein Pferd brach mitten im Trab unter ihm zusammen und er brach sich den Hals.

„Euch …(Name einsetzen)…, gute Mutter, muss durch diesen Schrieb mitgeteilt werden, dass …(Name des Gefallenen einsetzen)…, in Ehren für sein Vaterland fiel, …”

Ich ergänzte den Schrieb, dem jeder von uns durch ein paar informationsarme, aber liebevolle selbstgeschriebene Zeilen an Anverwandte bei Antritt einer gefährlichen Mission ergänzen musste in Gedanken um: „…als er vom Pferd fiel, weil er zu müde war die Arme nach vorn zu bekommen. Er endete tapfer mit dem Gesicht im Dreck und sah ein wenig überrascht aus, insofern man dies bei einer so zermatschten Nase noch sagen konnte. Liebe Mutter weine nicht, denn er versuchte gerade den Feind allen Lebens in deinem Vorgarten einzusperren…”

Als wäre ein Startsignal gegeben worden starben in derselben Nacht zwei Männer am Fieber, ihre wundgescheuerten Innenschenkel hatten sich entzündet. Ich vermerkte im Geist: „… in Ehren für sein Vaterland fielen, als sie das durchdachte Kommando zeitig auf eigene Krankheit hinzuweisen, um nicht das Fortkommen aller zu gefährden, im Sinne verklärten Heroismus ignorierten.” Als der Kommissar die Zeitverzögerung durch deren Verscharren bemängelte, dichtete ich: „… in Ehren für sein Vaterland fiel, als er von zornigen Kameraden so lange getreten wurde, bis er in drei Farben schiss.”.

Zumindest war dies einigen anderen Warnung genug. Einen weiteren Tag später waren knapp ein Dutzend Soldaten mit Nachrichten und weiteren Pferden zurückgelassen worden, nachdem der Offizier und der Kommissar unser aller Zustand beurteilt hatten. Niemand versuchte sich auf diesem Wege fortzustehlen, einige mussten sogar gegen ihren Willen gehen. „Dumm… tapfer, aber dumm”, dachte ich und wünschte mir im Stillen eine kleine Entzündung meines nahezu rohen Fleisches.

Als wir in Sichtweite der Küste kamen, waren wir noch 21 auf 21 Pferden. Erst wenige Stunden zuvor waren wir, inmitten eines Flüchtlingsstroms, den ersten Soldaten begegnet, die die Befürchtungen des Oberkommandos bestätigten. Morum war bereits gefallen. Der Feind war einen Tag zuvor über die schwach befestigte und von den meisten brauchbaren Soldaten zu Gunsten des Hauptheers entleerte Stadt hereingebrochen, wie ein Unwetter. Die Soldaten haben uns glaubhaft versichtert, dass sie begonnen hatten die Stadt besser zu befestigen, doch der Feind kam zu schnell um die Verteidigungswerke zu vollenden, obwohl sie ja bereits wussten, dass er kam. Er hatte sich nicht mit dem Herstellen eines Lagers, einer Schlachtordnung oder etwa von Belagerungsgerät aufgehalten, sondern war direkt zum Angriff übergegangen. Die Kreaturen waren laufend am Horizont aufgetaucht, hatten die vorgelagerten Felder überbrückt, hatten die Stadt durchquert, ohne sich um die flüchtende Bevölkerung, die nicht zeitig gegangen war zu kümmern und waren, vollkommen verstreut, abgehetzt und zweifellos ermattet direkt zu einem unkoordinierten Angriff übergegangen.

Sie schilderten knapp, wie die ersten Kreaturen die die Pfeile und Wurfgeschosse überstanden hatten, die zu niedrigen Mauern des Kastells am Hafen kletternd überwanden während das Öl noch erhitzt wurde. Und es kamen immer mehr, der Strom war zu Beginn des Angriffs nicht gewaltig, doch er brandete an der Mauer auf bis er diese überspülte. Und einer meinte, dass als er von einem Turm aus nach Osten blickte, die abgemähten Felder von dunklen Punkten ganz durchdrungen gewesen seien, wie krank, wie befallen von Ungeziefer und die Dinge brüllten ihre unverständlichen Herausforderungen an die Welt hinaus während sie liefen.

Kaum eine Stunde später wurde aus der umringten Bastion das Flaggenkommando: „Jeder für sich selbst” gegeben. Sie beschworen alles getan zu haben und sorgten sich um die zurückgebliebenen Bewohner der Stadt. Niemand wagte ihnen den Inhalt unseres Befehls, der ihr tun hätte sinnlos erscheinen lassen, zu nennen.

Erst an der Küste angekommen richteten wir, zum ersten Mal seid Tagen, wieder ein im Rahmen der Möglichkeiten herzeigbares Lager her. Uns wurde eine kurze Ruhe zuteil und einige Freiwillige, meiner Vermutung nach waren es jene mit natürlichen O-Beinen, die keine Sorge haben mussten, dass ihre Schenkel sich berühren könnten, spähten die Umgebung aus, während wir uns erholten. Die Nachrichten die diese einholten, bevor wir uns auf den langen Rückweg machten, waren folgende:

Morum ist fest in feindlicher Hand, der Feind hat unverhältnismäßige Verluste in Kauf genommen, um die Stadt schnell zu nehmen, insbesondere der Hafen ist gut gesichert. Sie bereiten alles was schwimmen kann in hoher Eile vor, um in See zu gehen, doch nehmen sie keine großen Mengen an Vorräten auf, so können sie den Sund nicht verlassen, was nur noch die Lentusk-Halbinsel und Rulos als Ziel übrig lässt. Die Straße nach Norden ist noch immer gefüllt mit den langsameren Resten des Heerwurms und den Leichen jener, die deren Gewaltmarsch von der Narbe nach Morum nicht überlebt haben, der Späher sprach davon, dass die Zahl der liegengebliebenen riesig war, doch das das Heer, welches auf der Straße noch immer marschiert dem angemessen gewaltig wirkte, denn es schien nur ein Teil des Heeres gewesen zu sein, dass diesen scharfen Marsch machen musste. Und sie fraßen die Gestorbenen und wie der Späher berichtete auch die erschöpft liegengebliebenen. Wie durch ein Wunder kehrten alle Späher wieder zurück, aber vielleicht wollten sie nun, nach deren langen verdeckten Marsch und ihrem harten Sprint zum Ziel auch, dass man sie sah und erschauerte.

In dem Moment als der Feind die Narbe erreicht und überquert hatte können sie, unserer Schätzung nach keine Nacht Pause mehr gemacht haben um uns noch zeitlich zu übertreffen. Es war ihnen wichtig genug um all diese Fußsoldaten opfern, damit sie die Schiffe bekommen konnten. Ein grausames Rechenspiel, bei dem jeder erschöpfte Sturmsoldat als circa 80 Kilo Fleisch auf der „Haben” Liste der Quartiermeister wieder auftauchte. Was immer ihr Ziel sein könnte, sie würden es verfolgen bis es zu ihren Füßen lag, das wurde mir nun klarer als je zuvor.

Manchmal, so denke ich nun, hat ein Kommandeur recht, wenn er das Murren seiner Garganes ignoriert. Manchmal hätte uns der unsere noch stärker antreiben müssen, denn selbst wenn ein Erfolg sie in unserem „Vorgarten” eingeschlossen hätte und selbst wenn ich nun selbst in stumpfen Heroismus verfalle: Wer, wenn nicht die beste Armee der Welt soll sich solch einer irrsinnig anmutenden Ruchlosigkeit entgegen stellen. Und die Chance für diese, unsere Armee, es nach dem Pass ein zweites Mal zu tun war nun vergeben. Ob Lentusk-Halbinsel oder Rulos, sie wären binnen weniger Tagen fort und da sie unsere eigenen Transportschiffe verwendeten würden wir ihnen nicht folgen können…

Enaruelliana Zhahandrel lief. In weiten Schritten und ruhigem Rhythmus arbeiteten sich ihre Beine Kilometer um Kilometer durch eine unwirkliche Landschaft vor. Es war klar, dass dies hier Menschenland war. Es war gezähmtes Land, urbar gemacht, besiedelt. Kein Blick auf den Horizont war möglich, ohne dass sich eine Mühle oder eine Siedlung gegen die Morgenröte abzeichnete. Das Prädikat unwirklich erwarb sich die Landschaft durch den einfachen Faktor, dass dies Menschenland ohne Menschen war. Die Bewohner waren fort, im Süden, zumindest wenn sie Glück hatten.

Es gab zu wenige Wälder für ihren Geschmack. Die Fleckchen von dichten Bäumen wirkten gnädig geduldet und nicht dominant. Allerdings lag es ihr fern die Wälder aufgrund ihrer Erhabenheit und Natürlichkeit zu vermissen, sie vermisste die Deckung die sie vor fremden Augen boten. Die Stimme ihres Vaters sprach aus ihrem Gedächtnis zu ihr: „Wenn du nicht unsichtbar sein kannst, sei schnell.“ Nicht zum ersten Mal in den vergangenen Tagen wünschte sie sich, dass sie ihr Pferd nicht hätte zurücklassen müssen, doch es hatte gelahmt. Bis zu diesem Punkt hatte es seinen Zweck erfüllt, eigentlich sogar mehr als das. Ein leises Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie sich ihre Verfolger vorstellte, wie sie nicht nur bemerkten, dass sie sich nicht bei dem Tier befand, sondern auch, dass die Schnitte auf der Flanke des Tieres die Form und die Wirkung einer magischen Rune besaßen. Sie hatte das Tier mit Säcken von Steinen gemäß ihrem eigenen Gewicht beschwert, dann die Rune aufgebracht und das Tier schließlich fortgetrieben. Sie selbst hatte großen Aufwand betrieben, um ihre Fährte und ihre Witterung zu verwischen. Dann war sie in höchstmöglicher Geschwindigkeit in eine neue Richtung aufgebrochen. Zwar wäre ihr der direkte Rückweg direkt in Richtung Rudnoy, zum großen Heerlager Laikerias und somit auch zum Zentrallager der Späher Raikals lieber gewesen, doch es war absehbar gewesen, dass er versperrt war. Zu viele Versprengte des zurückgeschlagenen koltischen Heeres trieben sich zwischen Rudnoy und Kural herum, zu viele hungrige Orks, führungslose Mutanten und andere Kreaturen deren Absichten düsterer waren, da sie über das nachdachten, was sie taten.

Ihr Lächeln verblasste, als sie sich gedanklich korrigierte. Sie hätte die Vorstellung der Überraschung ihrer Verfolger nicht ins jetzt, sondern in die Vergangenheit setzen müssen. Weiter in die Vergangenheit als ihr lieb war. Wie lange konnte ein lahmendes und verwundetes Pferd Dingen entkommen, die seiner Spur schlafwandlerisch sicher folgen konnten und die scheinbar keine Ruhe brauchten? Sicher doch lange genug, um die Spur einer Elfe, die sich ungesehen zu bewegen wusste endgültig zu verlieren. Sie klammerte sich an den Gedanken, hielt sich an ihm fest und versuchte die von ihm ausgehende Sicherheit in ihre schmerzenden Waden zu leiten.

Die gedankliche Drift zu ihren Beinen war unwillkommen, diese nun wieder aus dem Kopf zu bekommen war notwendig, lebensnotwendig. Mit dem Pferd hätte sie, nachdem sie den Fluss überquert hatte, eigentlich nach drei Tagen Rudnoy erreichen können müssen. Sie war sich noch unschlüssig, ob die Entdeckung der unbewachten Brücke Glück oder Pech gewesen war, inzwischen tendierte sie zu Pech, da sie nun bemerkt hatte, dass alle Brücken unbewacht waren, sich ihre Verfolger aber ungefähr an dieser Stelle an ihre Fährte geheftet hatten. Das Pferd musste sie nach einem Tag zurücklassen und selbst dir Richtung ändern. Sie hatte sich entschieden stramm nach Westen zu laufen und hatte innerhalb weniger Stunden das südliche Ufer eines Flussarmes passiert, wo ihr das erste mal aufgefallen war, dass auch andere Brücken unbewacht waren, ebenso wie Kreuzungen der großen Reichsstraßen und sogar Kastelle und Wachtürme. Diese Beobachtungen deckten sich mit den Nachrichten, die ihr die menschlichen Späher am Treffpunkt weiter im Norden übergeben hatten. Der Feind hatte innerhalb kürzester Zeit eine gewaltige Landmasse überrannt, allerdings nicht erobert. Es gab keine Besatzungstruppen. Natürlich hatten sie alles genommen, was ein Heerzug benötigt, natürlich war gebrandschatzt worden, natürlich waren ganze Dörfer und der gewaltigen, noch immer aufsteigenden Rauchfahne nach, zumindest Teile Kurals niedergebrannt worden, aber nichts war in Besitz genommen worden. Auch die Anstrengung verbrannte Erde zu hinterlassen, wurde offenbar aufgeschoben.

Eine Gruppe Plünderer hatte verhindert, dass sie so früh nach Süden abdrehen konnte wie sie es geplant hatte, also musste sie immer weiter nach Westen laufen. Die Strecke zu den Stellungen westlich von Rudnoy hatte sich so schmerzhaft verlängert, dafür hatte sie eine Spur gefunden. Nicht die Spur einer Person, eines Tieres oder einer Schar Marodeure, sondern die Spur eines Heeres.

Sie versuchte sich noch einmal das in Erfahrung gebrachte zu vergegenwärtigen. Nach der Niederlage am Blauspannpass hatten sich die Reste des koltischen Heeres nach Norden zurückgezogen und scheinbar geteilt, ein kleiner Teil zog nach Osten, in Richtung der Grenze nach Anguir und ein anderer, weitaus größerer Teil war nach Westen gezogen, in einen Bereich aus dem es seid Wochen keine Nachrichten gegeben hatte, einem Bereich den sie nun zu Fuß durchquerte. Es war nicht so gewesen, dass keine Späher unterwegs gewesen waren oder Magier versucht hätten die Gegend zu erkunden, aber die Versuche waren fruchtlos geblieben und in Anbetracht der zu diesem Zeitpunkt bereits anstehenden Schlacht auch unbeachtet.

Das Heer war groß, so viel konnte sie bereits nach wenigen Sekunden sagen. Es war viel größer als die verbleibenden Verbände des Heeres, das auf Laikeria- Stadt zu marschiert war, es sein dürften. Es war ein zweites Heer, welches sich kaum damit aufhielt zu plündern, sondern schnell marschierte. Und es bewegte sich nach Südwesten, in Richtung der Narbe.

Die sogenannte Narbe, das Überbleibsel des Kataklysmus, eine schier Bodenlose Schlucht um die sich mannigfaltige Gerüchte ranken, war durch die Kunstfertigkeit laikerianischer Architekten längst kein unüberwindliches Hindernis mehr, es gab verschiedene riesige Brücken, die sie überspannten. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Kunstfertigkeit eine Infrastruktur zu schaffen, welche auf dem Kontinent Ihresgleichen sucht, einem Feind nun ermöglichte sich in ungeahnter Geschwindigkeit zu bewegen. Als sie sich dem Heerwurm soweit genähert hatte, dass sie den Staub der Nachhut in der Luft schmecken konnte, war sie sich sicher was das vorläufige Ziel der Kolten war. Das Kartenmaterial, welches sie sich hatte einprägen müssen erwies dabei erneut unschätzbare Dienste. Morum, einer der großen Häfen Laikerias am Nornesund. Es konnte keinen Zweifel geben, doch wohin dann? Mit dieser Frage mussten sich andere beschäftigen, sie hatte mehr in Erfahrung gebracht, als ihr Auftrag gewesen war. Nun galt es nur noch die Informationen zu denen zu bringen, die etwas damit anzufangen wussten. Die Werften von Morum mussten unbrauchbar gemacht werden, und wenn sie schnell war könnte vielleicht noch die Brücke abgerissen werden, aber sie bezweifelte, dass sie schnell genug dafür war.

Ein Geräusch hinter ihr ließ sie aus ihren Gedanken hochfahren, im Reflex griff sie nach dem Bogenköcher, den sie längst abgelegt hatte um weniger Gewicht tragen zu müssen. Ein Blick über ihre Schulter ließ sie erschauern. Weniger als 100 Schritte hinter ihr spiegelte sich die rote Sonne auf den Linsen von Masken hinter denen sich die verzerrten Fratzen der Fußsolddaten Koltes verbargen. Sie zählte fünf Gestalten, die sich auf überlangen Beinen gebückt aber erschreckend schnell fortbewegten, über ihren Schultern ragten die Stiele von Wurfspeeren auf. Diese nahmen nun, da sie erkannten entdeckt worden zu sein, eine noch schnellere Geschwindigkeit auf. Die Soldaten schienen ihr Äquivalent zu sein, gezüchtet als Späher oder besser zur Abwehr von Spähern. Zur Jagd nach Leuten wie ihr! Die Dinger mussten in einem der vereinzelten Gebäude gelauert haben.

Sie verfluchte im Stillen die ebene Plane direkt vor ihr und wechselte ihre Richtung minimal, um auf eines der verstreuten Wäldchen zuzuhalten. Ohne dass sie ihren Vorsprung vergrößerte, konnte sie, so wie die Dinge jetzt lagen, ihnen niemals entkommen. Sicht in die Ferne und lange Beine waren gut auf freien Flächen, aber ob diese ihnen auch im Unterholz nutzen würden? Falls das der Fall war…nun ja, dann wäre es auch egal.

Sie begann alle Regeln für Läufer aufzugeben, als sie ihrem Körper das letzte Abverlangte. Sie trieb ihn hektisch voran, der rhythmische wich einem kurzen stoßweisen Atem und sie wurde erneut an ihre Beine erinnert, denen sie zu wenig Ruhe gönnte. Das Pferd, ja das Pferd. Ob es einen Namen hatte? Ein Blick zurück verriet ihr, dass die Wesen aufschlossen.

Der Waldrand lag noch ungefähr einen halben Kilometer voraus. Sie schmeckte etwas Metallisches in ihrem Mund. Kein gutes Zeichen für eine Läuferin. Die Wahrheit war, dass sie wenn sie das Wäldchen erreichen sollte, nicht weiterlaufen konnte, um sich in Sicherheit zu bringen. Selbst wenn sie es zwischen den Bäumen Boden gutmachen konnte war die letzte Rast zu lange her. Ein Fehler, den sie nicht hätte begehen dürfen. Fehler, was hätte ihr Vater gesagt? Hundert Meter nur noch, eventuell konnten die Dinger nicht klettern, sie blickte zurück und bereute es sofort. Die vordersten beiden hatten ihre Speere bereits in den Händen und waren auf zwanzig Schritt heran gekommen. Sie begann Haken zu schlagen als der erste Speer sich neben ihr in die Erde bohrte. Sie rannte nun mit dem Blick nach hinten, um den anderen unweigerlich kommenden Geschossen ausweichen zu können. Wieder eines vorbei! Wo war der fünfte? Im toten Winkel zu der anderen Seite ihres Gesichtes? Sie stolperte und als sie nach vorne Blickte sah sie nur noch den Boden auf sich zukommen. Der Aufschlag kam nicht unerwartet aber dennoch hart, sie hatte kaum die Zeit gehabt beide Arme nach vorne zu bekommen. Tränen schossen ihr in die Augen und sie sah den Wald vor sich nur verschwommen und in tiefem blau. Beim Versuch ihr sich aufzustehen bemerkte sie, dass ihr linkes Bein taub war und pochte. Eines der Wurfgeschosse wahrscheinlich. Ihre Ohren rauschten und durch die Nase sog sie nur ihr eigenes Blut ein, was ein Würgen verursachte, welches auch scheinbar Erdbrocken aus ihrem Mund beförderte. Blind, taub, lahm und würgend. Sie hätte sich umdrehen und kämpfen sollen. Sie schloss die Augen.

Es kehrte Ruhe in sie ein. Die Schmerzen, die sie haben müsste sollten sie jetzt nicht begleiten. „Keine Schmerzen!”, murmelte sie zu sich selbst. Das Mantra hatte ihr oft geholfen und sollte ihr nun einen letzten Dienst erweisen. „Keine Schmerzen!”.

Ein Murmeln Drang zu ihr durch, doch sie sperrte die Bedeutung der Worte aus. Der Ruck an ihrem Bein ließ vermuten, dass sich die Kreatur ihre Waffe wiedergeholt hatte. Der Druck oberhalb der Wunde verwunderte sie jedoch. Als sie dann die Augen öffnete blickte sie direkt auf mehrere Füße in Sandalen. „Keine Sorge wir haben es gleich.”, sagte jemand. Eine unharmonische Stimme, die einfühlsam wirken wollte, eine Menschenstimme. „Keine Widerhaken, eine saubere Wunde”, das war jemand anderes. „Gargan Mamercus Catius, zweite Späheraliquod, drittes Agmen, zweite Kohorta, vierte Manus, 50.Legion”, schnarrte die erste Stimme herunter, „Ich nehme an, dass du eine Geschichte zu erzählen hast?”

Nicht weit vor Laikeria Stadt stellte sich Laikeria mit gesammelter Kraft den Kolten entgegen und konnte einen ersten, teuer erkauften, Sieg erringen.

Kapitel 1: Der Plan

Lucius Varus, der Ducem der 8. Legion stand mit Julius Aurelius, dem Ducem der 12. Legion (Lir) und Thror Feuerbart, dem Anführer des zwergischen Hilfskontingentes auf einem Hügel östlich von Rudnoy und überblickte die Verteidigungsanlagen.

Vor über 3 Monaten waren sämtliche arbeitsfähigen Bauern der Region zum Arbeitsdienst gepreßt worden, um unter Leitung der Armeepioniere an der Verteidigungslinie zu arbeiteten. Als absehbar war, dass die Anzahl der Arbeiter nicht ausreichen würde, wurden alle Legionäre der 8. und 12. Legion zusätzlich zu den Spaten gerufen. Die Moral war kurzfristig gesunken, nachdem die Soldaten wochenlang mit Axt und Schaufel im Matsch gestanden hatten. Unter den Bauern und Soldaten kam es zu erheblichen Ausfällen durch Cholera und Sumpffieber, die durch das schlechte Wetter, die mangelnde Versorgung und die viel zu beengten Verhältnisse immer wieder ausbrachen.

Aber Varus hatte seinen Soldaten eingebläut, dass sie an der letzten Verteidigungslinie arbeiteten, die Kolte noch von Laikeria Stadt trennte. Da es sich um Eliteeinheiten handelte, reichten meist leichte Disziplinierungsmaßnahmen mit dem Stock, um aufkeimenden Unmut zu unterdrücken. Die Bauern wurden streng bewacht, um Desertion zu verhindern und jeden Morgen zur Arbeit gepeitscht. Wer noch laufen konnte, konnte auch noch arbeiten! Wo die Peitsche nicht mehr ausreichte, bewirkten abschreckende Exempel zuweilen Wunder. Um gleichzeitig die Motivation der eigenen Bauern zu steigern und auch den anrückenden Kolten zu zeigen, dass man in Laikeria durchaus noch mit harter Hand zu führen wußte, wurden Aufwiegler und renitente Arbeitsverweigerer in einer langen Reihe vor den Verteidigungsschanzen ans Kreuz geschlagen.

Die Zeit war dennoch knapp. Nach dem Fall der Feste Kural stießen die Kolten wieder schnell vor. Leichte laikerianische Einheiten, unterstützt von Spähern aus Raikal, waren den Kolten entgegengeschickt worden, um deren Vormarsch weiter zu verlangsamen. Die Taktik war einigermaßen erfolgreich, kostete aber auch wertvolle Truppen.

Nun war die Verteidigungslinie fertig − ein Prunkstück der laikerianischen Festungstechnik, gemessen an der kurzen Zeit, die sie hatten, um die Schanzen zu errichten. Burgen und Festungen aus der altlaikerianischen Zeit waren instandgesetzt und in die Verteidigungslinie integriert worden. Auch die Ankunft der Zwerge hatte sich durchaus positiv ausgewirkt. Die kleinen Wühler wußten mit dem Spaten und der Spitzhacke umzugehen und hatten die eine oder andere Idee zum Verteidigungswall beizutragen. Wenn die kleinen, grimmigen Kerle mit ihren Schlachtäxten nur halb so gut umgehen konnten wie mit der Schaufel, dann waren sie auch im Kampf eine willkommene Verstärkung.

Lucius Varus überblickte all das und hoffte, dass die Kolten diese Verteidigungen niemals angreifen werden.

Natürlich würden sie an dieser Verteidigungslinie zu beißen haben. Es würde Zeit kosten, aber Varus war sicher, dass die Wälle, Mauern, Gräben und Palisaden die Kolten nicht ewig aufhalten würden. Am Ende würden sie durchbrochen, und die schwarze Flut würde sich über Laikeria Stadt ergießen. Varus hoffte, dass die Kolten die Verteidigungslinien westlich umgehen würden, um über den Paß von Blauspann in den Rücken der Verteidiger zu fallen. Das war der Köder, den Varus den Kolten hingeworfen hatte.

Aber würden sie ihn schlucken? Wenn nicht, wäre Laikeria Stadt verloren und vielleicht das gesamte Reich.

Über seine eigenen Aussichten bestand kein Zweifel, wenn er als verantwortlicher Befehlshaber hier versagte. Die Schergen des Geheimdienstes umschwirrten ihn wie die Motten, um jeden seiner Schritte an das Triumphirat zu melden, Paulus Avidias hatte es ohnehin auf ihn abgesehen.

Der Plan war es, die Kolten am Blauspannpaß in die Zange zu nehmen. Unter dem Blauspann gab es Bergwerke, die das gesamte Gebirgsmassiv wie Madenlöcher durchzogen. Dort unten waren Truppen versteckt, die weder Wasser, noch Licht, noch Brot brauchten: Die 88.Legion, „Legio Inferi“ genannt. Untote unter der Führung der fähigsten Nekromanten Laikerias und die Heshritischen Nekromanten mit ihren wandelnden Leichen.

Während die 8. Legion mit den Zwergen den Blauspannpaß versperrten, würden die Untoten die Koltische Armee von hinten in die Zange nehmen und zermürben.

Der Plan würde gelingen. Er mußte gelingen!

Kapitel 2: Die Schlacht

Liktor Gnaeus Idem wandelte über ein Feld von Leichen. Laikerianische Legionäre, Zwerge, Trolle und Orks, Mutanten und Skelette in weit fortgeschrittenerem Stadium der Verwesung, als es hätte sein dürfen. Ab und an grünlich schimmernde Bereiche, in denen gar nichts lag.

Gnaeus Idem war mit direktem Auftrag von Paulus Avidias zur Front gereist, um Informationen aus 1. Hand über die Ereignisse am Blauspann einzuholen. Seit seiner Ankunft am vergangenen Tag versuchte er, sich ein Bild zu verschaffen.

Allerdings war die Lage konfus. Er traf jubelnde Legionäre der 12. Legion, die den Verteidigungswall bemannt hielten und von einem großen Sieg gegen Kolte sprachen. Offensichtlich hatte die Schlacht aber nicht am Verteidigungswall, sondern am Blauspannpaß stattgefunden. Dort fand Gnaeus Idem das beschriebene Schlachtfeld. Viele tote Legionäre der 8. Legion und gefallene Zwerge des Hilfskontingetes. Dahinter Berge von toten Ogern, Trollen, Orks, Mutanten…und ältere Leichen.

Ein Stöhnen von rechts ließ ihn aufhorchen. Dort lehnte ein verwundeter Zwerg an der Felswand. Liktor Gnaeus Idem ließ ihm zu trinken geben und den Verwundeten in sein Feldlager bringen. Als der Zwerg wieder zu Kräften gekommen war, bekam Gnaeus Idem folgenden Bericht:

„Bei Fardea, Tenebra und dem ganzen Rest der Götterbande, was für eine Schlacht! Mein Bart ist lang und meine Axt hat viele Scharten aus ungezählten Kämpfen, aber von diesem Kampf werden noch meine Urahnen berichten!

Wir standen mit der 8. Legion am Blauspannpass, um die Kolten zu erwarten. Die Späher berichteten, dass die Feinde uns mindestens 3 zu 1 überlegen wären. Aber wir wussten, dass wir diesen Engpass notfalls auch mit einer Handvoll guter Kämpfer halten konnten, so lange wir auf 2 Beinen stehen und die Äxte und Schwerter schwingen konnten. Außerdem hatten wir ja auch noch ein paar nette Überraschungen für die Kolten.

Was dann als erstes auf uns zustürmte, waren aber gar keine Kolten, sondern Grünzeug; Oger, Trolle und Orks. Billiges Wegwerfmaterial der Kolten, wie es scheint. Die schickten sie vor, um ihre Kräfte zu schonen. Unsere zwergischen Brüder und die Legionäre auf den Berghängen ließen ein wahres Gewitter von Gesteinslawinen und Baumstämmen auf die Grünen niederprasseln. Das kühlte ihren Mut und diejenigen, die bei uns ankamen, hackten wir nieder. Nicht ohne Verluste, muß ich sagen. Es waren immer noch viele. Hier habe ich die Legionäre der 8. Legion zum ersten Mal im Einsatz gesehen. Ich muss sagen, die Männer haben meinen Respekt! Was für eine Disziplin! Da reichte ein Räuspern des Zenturios und die Schilde gingen hoch wie an der Schnur gezogen. Die grüne Welle prallte daran ab. Aber wie das Meer kamen sie wieder und wieder und schmissen sich gegen den Schildwall. Die ersten Reihen der Legion waren inzwischen gefallen, aber von hinten aus der Reserve kamen frische Legionäre in die vorderste Kampflinie. Als die Grüne Horde endlich zurückwich, kamen auf jeden toten Legionär mindestens 4 Feinde. Auch wir Zwerge hatten viele Opfer zu beklagen, aber unsere Quote war nicht viel schlechter.

Die flüchtenden Orks wurden von den Kolten zusammengetrieben und gesammelt. Viele Orkköpfe wurden von den Kolten abgeschlagen, bevor der Rest − mehr aus Angst denn aus Überzeugung − wieder auf uns zustürmte. Ihnen nach schickten die Kolten ihre Hauptstreitmacht aus Mutanten. Die Kolten selbst kamen in die Schlucht, um eine weitere Flucht ihrer Kämpfer zu verhindern. Das was der Augenblick, auf den Lucius Varus gewartet hatte. Aus ungezählten Erdlöchern und Stolleneingängen quollen die Untoten der 88. Legion und der Heshriten und schnitten den Kolten den Rückweg ab. Sie saßen in der Falle! Die 8. Legion und wir gingen vor, um die koltische Armee von beiden Seiten anzugreifen. Die Grünhäute gerieten erneut in Panik, aber die Mutanten waren zu dieser Empfindung anscheinend nicht fähig. Sie stellten sich uns unbeeindruckt entgegen. Von da an weiß ich nicht mehr viel, denn ich geriet in Blutrausch. Ich erinnere mich erst wieder, als die Kolten selbst nach vorne kamen, um sich einen Weg durch die Laikerianer zu bahnen und unsere Formation aufzubrechen. Ihnen konnte kaum etwas standhalten. Die ersten Reihen der 8. Legion und auch viele Zwerge fielen in einem Gewitter der Magie. Ducem Lucius Varus schickte ihnen magieimmune Kämpfer entgegen, um den Druck abzufangen. Das war erfolgreich und die Kolten zogen ihre Waffen. Aber auch ihrer Kampfkraft konnte kaum etwas standhalten. Ausgewählte Kämpfer mit magischen und geweihten Waffen, einige dieser Waffen aus Cahir Sheveen, rangen einige der Kolten nieder. Andere nahmen die Waffen der Gefallenen, um weiter auf die Kolten zu drängen. Magier warfen ihre ganze Kraft auf die koltischen Dämonen. Die Kolten antworteten mit malagitischen Wundern und kaltem Stahl. Es war verzweifelt. Die Kolten wateten durch Ströme aus Blut und es war nicht ihr eigenes. Unsere Reihen waren inzwischen dünn geworden. Aber auch viele Kolten waren gefallen. Der Ducem raffte das letzte Aufgebot um sich. Ich stand neben ihm. Mein Helm wurde gespalten und ich spürte, wie mir das Blut in die Augen lief, während der Ducem neben mir eine ungerüstete Stelle des Kolten fand, der mich verwundet hatte, und ihm sein magisches Schwert in den Leib rammte. Der Kolte sackte zusammen. Ein Schlag auf den Schädel ist für einen Zwergen noch lange kein Grund, umzufallen und ich konnte meine Axt tief in die Seite eines weiteren Kolten versenken, als der Ducem neben mir, durchbohrt von zwei koltischen Klingen, fiel. Als ein Kriegshammer auch mein zweites Knie zerschmetterte, ging auch ich zu Boden, doch konnte ich noch sehen, wie die Untoten von hinten über die Kolten und verbleibenden Mutanten herfielen und sie durch schiere Masse niederrangen. Ein Teil der Kolten und ihrer Kämpfer konnte sich den Weg zurück durch die Schlucht und nach Norden bahnen, aber das Feld war unser. Die Schlacht war gewonnen. Allerdings existierten die 8. Legion und ihr Ducem nicht mehr.

Nun, zumindest lebten sie nicht mehr. Doch dann kamen einen Tag später die Nekromanten der 88. Legion und erhoben alle Legionäre, die nicht zu stark beschädigt waren. Da die meisten ihrer Untoten in der Schlacht zerfallen waren, hatten sie neue Ressourcen. Auch den Ducem nahmen sie, glaube ich. Vielleicht hatte er es so gewollt. Für Laikeria kämpfen, auch über den Tod hinaus. Das war sicher nach seinem Geschmack.”

Kapitel 3: Lang lebe Laikeria!

Im Plenum von Laikeria Stadt, wo ehemals der Senat tagte, saßen die drei Diktatoren und ihr Beraterstab zusammen. Man hatte die Ausführungen des Liktor Gnaeus Idem und diverse Frontberichte gehört.

Die Lage an der Front war Folgende: Durch den blutig erkauften Sieg der Laikerianer am Blauspannpaß war die Offensive der Kolten im mittleren Frontabschnitt zum erliegen gekommen. Sämtliche laikerianischen Legionen standen an der langgezogenen Verteidigungslinie zwischen Rudnoy und der Grenze zu Anguir. Die 8. Legion, die laikerianische Elite, war vernichtet, das zwergische Hilfskontingent auf die Hälfte reduziert. Eine der Lirer Legionen war schon vorher bei dem Versuch, die Kolten zu verlangsamen, unter halbe Mannstärke gesunken. Viele Verluste in den anderen Legionen konnten nur durch untrainierte Rekruten ersetzt werden.

Die verbleibende Stärke der laikerianischen Armee reichte im Augenblick nicht aus, einen Gegenstoß zu wagen und den Norden zurückzuerobern. Die Kolten hatten nur eine ihrer Armeen verloren, und mit Sicherheit nicht ihre stärkste. Die Kolten hielten den Norden mit stählerner Faust umschlossen und ihre Armee in Anguir war ebenso ungeschlagen wie die Armee, die im Westen Laikerias nahezu unbehelligt vorrückte.

Man hatte eine Atempause erkauft, der Krieg war nicht gewonnen. Aber Laikeria stand noch. Die Adler auf schwarz/blau flatterten stolz im Wind, und so würde es sein, bis die Welt unterging.

Juni 5025 − Während der Krieg mit den Kolten in Laikeria und Anguir tobt, wird aus einer weniger beachteten Region, Helingard, folgende Begegnung berichtet. Was plant Kolte in Helingard? Ist Tyrbold mehr als nur eine kleinere, lokale Bedrohung?

Das Gras ist klamm, von Raureif bedeckt. Die ersten Sonnenstrahlen am ersten Tage des 6. Monates fallen durch die im üppigen Grün stehende Eichenkrone am Rande des Bachlaufes.

Jeden Morgen lässt sich der Hirtenjunge Sebastian von diesem Gefühl der Freiheit wecken. Ein schneller Blick auf die Herde lässt Sebastian sichergehen das keines der Schafe gerissen wurde oder sich beim Grasen in der weitläufigen Weidelandschaft der Orklande verirrt hatte. Seine Hündin „Jascha”, die treu und wachsam wie seit jeher neben ihm steht, hatte Sebastian wieder einmal die Last der letzten Wacht abgenommen.

Selten kommt es vor, dass etwas wirklich Gefährliches geschieht. Wölfe, Bären und wilde Hunde haben dem Schäferjungen schon lange nicht mehr den Schlaf gestohlen. Das letzte Schaf aus seiner Herde, welches ihm genommen wurde, lag ausgeweidet und enthäutet einige hundert Meter vom Rest der Herde, entfernt am Rande des Waldes. Das Fell fehlte mitsamt Kopf; die fleischigen Hinterkeulen waren fort, nur der offene Rumpf und die Gedärme lagen noch dort. Es sah nicht aus, als wäre die Aue gerissen worden. Es schien die Tat eines Jägers oder Wilderers gewesen zu sein.

Nicht ohne Grund jedoch sagte man Sebastian jedes Mal, wenn er die Stallungen seines Dorfes an der Südgrenze Helingards verließ und sich auf den Weg zum Weideland in die Orklande machte, er solle sich hüten und die Wälder meiden. Nicht nur lästige Goblins, sondern auch Orks, Trolle und Oger würden dort auf ihn lauern.

Sebastian nickte wieder einmal freundlich, als er sich mit seiner Herde und seiner schwarzen Hündin aufmachen wollte, das frischeste Grün für seine Tiere zu finden. ´´Ja, Großvater! Ich werde mich von den Wäldern fern halten, die Tranktasche die du mir gabst, habe ich um die Hüfte geschnallt und mein Hirtenstab und Jascha werden mir beistehen, wenn es hart auf hart kommt. „Wir sehen uns Großvater” sagte er, warf sich seinen Proviantrucksack auf den Rücken und begann seine Schafe und Lämmer Richtung Nordtor zu treiben.

Vier lange Stunden, sonst hatte er höchstens 3 gebraucht, um die Weidegründe zu erreichen. Die Lämmer, die durch ihr fröhliches Herumtollen und Spielen immer wieder Unruhe in die Herde brachten, ließen Jascha keinen Moment des Verschnaufens. 40 Alttiere und 35 Lämmer…, er allein würde mit nur einem Hund kaum noch die Möglichkeit haben die Herde zusammen zu Treiben. Ein zweiter Hund wäre schön, ein guter Hund muss aber auch erst einmal gefunden sein. Köter und Kläffer gibt es an jeder Ecke, doch nicht jeder Hund hat auch das Zeug zu einem Hirtenhund.

Gerade hatte Sebastian sich an seiner Eiche, welche ihn vor Wind und Wetter schütze, niedergelassen, als Jascha anschlug, sie knurrte lang und bellte dann wieder kurz. Seinen Stab hatte Sebastian an den mächtigen Eichenstamm gelehnt, schnell griff er ihn und lief zu Jascha herüber.

Er sah nicht warum sie so aufgewühlt war, nichts Auffälliges war zu sehen. Weit lag die grüne Auenlandschaft Sebastian zu Füssen, nur von Bäumen und Büschen gebrochen. Er könnte den Waldrand in der Ferne sehen, aber er hatte nicht vor den Wald zu betreten.

Regentropfen fielen plötzlich vom noch blauen, fast unbewölkten Himmel. Erst als die Sonne hinter einer grauen Wolke verschwand, konnte Sebastian etwas erkennen. Rauch! Dicke Rauchschwaden, vom Regen geschürt, stiegen aus dem Wald empor. Der Himmel wurde dunkler.

Jascha bellte lauter und länger. Als der Schäfer sein treues Tier beruhigen wollte und sich zu ihr herunter hockte, lief Jascha los, dem Wald entgegen. „Jascha, nein komm zurück, nicht in den Wald, Jascha hör doch…..” Die Hündin blieb stehen, drehte sich zu Sebastian um, um dann noch überzeugter weiter in Richtung Rauch zu laufen. Sebastian hatte keine Wahl, er konnte sie nicht alleine lassen, nicht so nah an den Wäldern. Er legte sich die Tranktasche wieder um, die er im Rucksack verstaut hatte, warf sich den Rucksack auf den Buckel und rannte mit dem vorgehaltenen Stab seiner Hirtenhündin hinterher…

Hinter einem Gürtel von hohem Farn wartete Jascha bereits in tiefer Kauerstellung auf Sebastian. Ein Blick durch die dichte Krautschicht des Waldes ließ Sebastian fast den Atem stocken. Im Halbdunkel des Unwetters sah er wie ein gewaltiger Krater tief in den Waldboden geschlagen den dunklen Rauch spuckte.

Rings um den Krater herum standen Kreaturen, die sein Auge nie zuvor erblickt hatte. Ob es Trolle und Oger sein könnten, konnte Sebastian nicht sagen. Zwei Personen von imposanter Gestalt, schwarz gewandet, mit Helmen die ihre Gesichter verhüllten und wie mächtige Kronen über die Köpfe emporragten, mit einem leuchtenden Stein auf der Stirn geschmückt, stiegen aus dem Krater empor. Ihnen folgten vier gewaltige Wesen, welche die beiden ersten in Höhe und Breite weit überragten. Sie liefen gebückt, nahezu bucklig, doch das minderte ihre Erscheinung keineswegs. Ihre Arme liefen mehr in Waffen über, als in Hände. Sebastian wagte es nicht sich zu regen, auch Jascha gab keinen Laut mehr von sich. Plötzlich trat ein Mann aus dem Rauch hervor, mit sechs schwer gerüsteten Wachen, Helingarder von normaler menschlicher Statur. Die schwarzen Wesen begannen das Gespräch mit den Worten:

„Malagash mit dir, Tyrbold der Rote! Was kannst du aufweisen? Was hast du für den Krieg deines Herrn dieses mal beizusteuern?”

Ihre Worte klangen blechern, mit einem fürchterlichen Brummen unterlegt. Der rot-blonde Helingarder sprach eine klare menschliche Sprache, etwas rau, aber menschlich.

„Ich habe 8000 Orks Trolle und Oger in Rüstung und unter Waffen für die Front in Anguir rekrutiert. Wir hindern weiterhin alle Schiffe Helingards und Anguirs daran das Nordmeer zu befahren. Ich werde jetzt beginnen ein Heer zu sammeln und den Vormarsch in den Süden in die Wege zu leiten. Ich selbst werde den Feldzug jedoch nicht leiten, das sollte Kolte tun oder ihr schickt Khan Rabush-Mattock. Die Orkstämme folgen ihm. Er ist der größte Kriegsfürst der Orklande und er hat Malagash Treue geschworen.”

Die Schwarzen Gestalten nickten überzeugt:

„Hervorragend Tyrbold, du hast uns nicht enttäuscht, hier nimm diesen Schild zu deinem Schutz, setze ihn mit Bedacht ein, er ist mächtig. Kolte setzt viel auf dich, an deinem Arm für den Krieg des Herrn wird……., was war das?”

„Verdammt…”

„Lauf, Jascha, lauf…”

Auf allen Vieren, an Armen und Beinen blutend, erreichte Sebastian sein Dorf:

„Großvater, Großvater, … Ich hoffe nur, dass sie mir nicht bis nach Helingard gefolgt sind.”

Nach zweimonatiger Belagerung fällt die laikerianische Festung Kural. Damit ist der Weg nach Süden für die Kolten frei. Die Verzögerung der Kolten über zwei Monate wurde durch den Verlust vieler Legionäre teuer erkauft. Die Laikerianer bemannen nun eine vorbereitete Verteidigungslinie vor Rudnoy. Hier wollen sich die laikerianischen Legionen und ihre Verbündeten zum Kampf stellen und die Einnahme von Laikeria Stadt durch die Kolten verhindern.
In Anguir fallen Claedach und Eskent. Der anguirische Hochkönig Dabruth McMarnoch stirbt im Kampf um die Hauptstadt Claedach. Die nördlichen Clans von Anguir zerbrechen. Teile des Clans McMarnoch schließen sich den Kolten an, andere begraben ihren jahrelangen Kampf gegen die „freien Clans” des Südens und gehen in den Widerstand. Das Akloner Lehensaufgebot und ein großes Kontingent Ultorianischer Schwertbrüder und Priester wird an die Front in Anguir verlegt, um einen Durchbruch der Kolten in Anguir und somit eine Umklammerung Laikerias zu verhindern.

In den schlammigen Straßen von Claedach herrschte heilloses Durcheinander. Wagen und Fuhrwerke verstopften die engen Gassen, Frauen rafften ein paar Habseligkeiten, Kinder schrien und Greise irrten orientierungslos umher. Einige starrten nur stumpf nach Norden, wo der Abendhimmel rot leuchtete und eine gewaltige Rauchsäule alles verdunkelte. Alle Dörfer nördlich von Claedach brannten.

Am Horizont, von hinten beleuchtet durch die brennenden Dörfer, konnte man die dunkle Silhouette des koltischen Heeres bereits sehen, das nun auf Claedach zu marschierte.

In der Königshalle herrschte eine gespannte Stille. Keiner wagte sich zu rühren, als der Hochkönig Dabruth McMarnoch und sein jüngerer Bruder, Thain Soggoth McMarnoch sich anstarrten, beide die Hand am Schwert.

Seit Stunden schon dauerte der Streit im Kronrat zwischen dem Hochkönig und seinem obersten Kriegsherrn Soggoth. Jeder hatte einen Teil der McMarnoch Clansmen hinter sich. Sie waren zur Abwechslung alle nüchtern.

„Wir haben das schon hundertmal diskutiert! Wir hatten einen Pakt mit Dorgul und Laikeria. Aber wir haben keinen Pakt mit Kolte. Wenn Malagash wirklich so verrückt geworden ist, die Welt vernichten zu wollen, dann ohne mich. Ich will herrschen, nicht mich selbst vernichten!”, sagte Dabruth zum wiederholten Male.

„Du bist ein Feigling und Verräter an Malagash!”, schrie Soggoth und sein Schwert fuhr nun endlich aus der Scheide. Doch Dabruth war schnell genug, um sein Schwert ebenfalls zu ziehen und den Schlag zu parieren. Viele weitere Schwerter wurden gezogen und Äxte gehoben.

„Du willst wirklich die Halle des Königs mit Blut besudeln?” übertönte Dabruth das Getöse.

„Die Halle des Königs?” antwortete Soggoth schneidend, „Das hier ist bald eine qualmende Ruine und du bist ein armer Narr, das du den Tatsachen nicht ins Auge sehen willst. Nur mit Kolte können wir überleben! Wer sich jetzt nicht an Koltes Seite stellt, der wird einfach zerrissen wie ein einsames Schaf vom Wolfsrudel. Was willst du tun? Dich gegen Kolte stellen? Unsere Clanskrieger sind mutige Kämpfer, aber sie können die koltische Flut nicht aufhalten! Sie können Malagash nicht aufhalten!! Willst du dich ernsthaft gegen Malagash, den Schöpfer der Welt, stellen? Du hast keinen Blick mehr für die Realität, alter Mann!”

Mit diesen Worten holte Soggoth erneut aus und führte einen mächtigen Schlag, um Dabruth den Schädel zu spalten. Dabruth hatte nicht mehr die Geschwindigkeit seiner jungen Jahre, aber die Erfahrung des alten Kriegers. Mit einer flüssigen Bewegung drehte er sich zur Seite. Soggoths Schlag ging ins Leere und er geriet durch die Wucht seines eigenen Schlages ins Straucheln. Er stolperte einen Schritt vorwärts. Statt aber wieder auf die Beine zu kommen, sackte er langsam weiter in sich zusammen und kippte dann zur Seite.

Jetzt erst sahen die Umstehenden das Messer des Hochkönigs in der Seite Soggoth’s stecken.

Bevor jemand reagieren konnte, donnerte der Hochkönig: „Ja − ich will mich gegen Kolte stellen. Und ja − ich will mich gegen Malagash stellen. Er ist nicht länger mein Gott. Habe ich den Blick für die Realität verloren? Ich weiß, das wir sterben werden. Aber ich sterbe als Hochkönig von Anguir, als Herrscher über fruchtbares Land und stolze Krieger. Nicht als koltischer Sklave auf verbranntem Boden, den Weltuntergang vor Augen. Wer sich den Kolten anschließen will, hat jetzt die Gelegenheit, sich davonzumachen. Wer bleibt, hat die Gelegenheit, in den Sagen und Geschichten weiterzuleben und vorher noch ein paar dieser Kreaturen ihrem Schöpfer näher zu bringen! Wir werden kämpfen und sterben mit dem Schwert in der Hand!”

Ungefähr ein Viertel der Clansmen verließ die Stadt, um zu den Kolten überzulaufen. Der Rest blieb. Die nördlichen Tore Claedachs wurden geschlossen und verbarrikadiert, die Palisaden mit Kriegern besetzt. Jeder von ihnen wusste, das die Stadt dieser koltischen Flut kaum eine Stunde standhalten würde. Aber jede einzelne Minute würde zählen, damit die Flüchtlinge eine Chance hatten, den Orks und Mutanten zu entkommen und Schutz im Süden zu suchen. Sie alle hofften, das jemand überleben würde, um ihre Geschichte zu erzählen.

Caligae et Lorica − Der freie Militärberichterstatter, Ausgabe 1, 5025

Die erste Ausgabe des ersten freien Militärberichterstatters von Laikeria.

Ave Kameraden in der Heimat und im Feld,

Wir freuen uns euch, den Gerganes der Heimat, die erste Ausgabe des ersten freien Militärberichterstatters präsentieren zu dürfen. Unser Ziel wird es sein die kämpfende Truppe im Felde mit Nachrichten aus dem Heimatland zu versorgen.

Nachdem endlich der Bruch mit der malagitischen Kirche vollzogen ist jubeln die Kameraden im ganzen laikerianischen Imperium. Endlich werden die alten Feld- und Hoheitszeichen wieder den Truppen vorangetragen. Endlich wurden die malagitischen Kommissare von ihren hohen Stühlen entfernt. Endlich wird die Truppe wieder ohne die Einmischung von Zivilisten agieren können, die sie so lange, so schwer behinderten und deren Einmischung nichts als schändliche Niederlagen und Unfrieden unter den besten Männern Imperiums verursachte. Sie wurden ihrem verdienten Schicksal zugeführt.

Lang lebe das Laikerianische Imperium! Ruhm und Ehre für die Legionen des Reiches! Hoch das Triumphirat!

Regularien

Hier eine kurze Zusammenfassung besonders hervorzuhebender Änderungen in den Militätregularien:

§17.2.c − Befehlskette − Malagashpriester verfügen über keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber Angehörigen der kämpfenden Truppe mehr. Ihr Sonderplatz in der Befehlskette wurde ersatzlos gestrichen.

§55.2.b − Lagerroutine − Der verpflichtende wöchentliche Gottesdienst wurde durch eine freiwillige Teilnahme an einem Vortrag mit dem Thema: „Das Imperium und ich“ ersetzt. Die Teilnehmer an den Vorträgen erhalten eine Sonderzuteilung Wein oder Branntwein. Vortragsleiter werden speziell geschult. Bewerben kann sich jeder Berufssoldat mit einer abgeleisteten Dienstzeit von mindestens fünf Jahren. Die Schulungen finden an den neu eingerichteten „Schulen für Staatsraison“ in den Bezirkszentren statt. Bewerber sind für die Kursdauer von drei Wochen freizustellen. Vortragsleiter erhalten eine Sonderzulage.

§67.2. − Sonderbefugnisse − Malagashpriester gelten nicht mehr als unantastbar, sondern als Feinde des Reiches. Sie sind festzusetzen und zum Verhör der nächsten Stelle des Laikit zu übergeben.

§67.3. − Sonderbefugnisse − Malagitische Tempelanlagen sind nicht mehr davon befreit für Notfallakquirierungen von Proviant für die kämpfende Truppe herzuhalten. Sie gelten als offiziell rechtlos.

§78 − Feldzeichen − Sämtlichen Kommandanten sind angewiesen die Feldzeichen, welche einen klaren Hinweis auf den malagitischen Glauben enthalten durch die neuen, ihnen zugewiesenen, Feldzeichen zu ersetzen. Diese werden in Anlehnung an die Feldzeichen des ersten Imperiums gestaltet und binnen der nächsten Wochen ausgeliefert.

§81 − §81.12. Ehrenzeichen − Die Ehrenzeichen und Orden, welche einen klaren Hinweis auf den malagitschen Glauben enthalten haben abgegeben und vernichtet zu werden. Damit verbundene Sonderbezüge bleiben erhalten. Folgende Auszeichnungen werden geändert:

Großer Stern erster Klasse wird geänderte in: Der Volksadler
Großer Stern zweiter Klasse wird geänderte in: Der Triumphiratsadler
Die Odiszklinge wird geänderte in: Der Laikeriadolch

Die Lagermeister werden in den kommenden Wochen mit den neuen Orden beliefert und sind angewiesen den Austausch sofort vorzunehmen.

Die Auszeichnung „Chaosstern im Siegerkranz”, welche für Verdienste um die malgitische Kirche verliehen wurde wird ersatzlos gestrichen.

Liederbuch: Auch das Liederbuch der Armee wird endlich einer längst überfälligen Überholung unterzogen. Nachdem bereits Strophen unserer geliebten Hymne dem neuen, frischen Gedankengut angemessen gestrichen wurden (Vorschläge für neue Strophen mögen beim Kommandierenden eures Musikkorps eingereicht werden), sind auch folgende Lieder durch die dahinter genannten zu ersetzen:

Blut und Tod für Odisz wird geändert in: Siegreich fürs Vaterland
Der Chaosstern er leite uns wird geändert in: Unser Feldzeichen leite uns
Lobet den ersten der Dawa wird geändert in: Lobet das das große Laikeria
Ruhm dem Kaiser wird geändert in: Ruhm dem Volke

Ersatzlos gestrichen wurden außerdem: „Dorgul − Herr meines Willens”, „Der Achtstern hoch”, „Wir ziehen nach Murel” und „Meister Malagash”. Neu erschienen sind: „Sandalen auf dem Kontinent”, „Raennas Frauen”, „Das Provinzen-Lied”, einige Lieder die endlich wieder ein Schmunzeln auf harte Männer- und Frauengesichter zaubern werden. Die Texte werden in demnächst ausgegeben.

Nachrichten

All diese willkommenen Änderungen täuschen nicht über den Krieg hinweg, der sich drohend über das Land zieht. Doch die Verhandlungen, die das Triumphirat dem Kontinent eröffnete tragen Früchte. Die Zwerge des Koboldgebirges haben als Waffenbrüder unsere Grenzen überschritten und befinden sich in dieser Sekunde auf dem Marsch nach Norden. Die alte Provinz stellte ihre Feinseligkeiten ein, so dass wertvolle Kräfte frei wurden, die das Reich mit Macht gen Norden wirft. Alte und neue Handelspartner entsenden Lieferungen, die uns in der Schlacht unterstützen sollen und weitere Bündnispartner entsenden Truppen. Das neu gegründete Heshrar, Lir und Söldner aus Sythia befinden sich bereits auf dem Marsch, um uns, die wir auch deren Schild sind, in dem Kampf zu unterstützen. Wer sonst als wir sollte sich der epischen Gewalt entgegenstellen, die der Norden entfesselt. Wer sonst als ihr? Ihr, die besten Soldaten der Welt könnt jener wieder einmal beweisen, dass das laikerianische Imperium ewig und der Mut unserer Soldaten unerschöpflich ist. Zaudert und verzagt nicht im Angesicht der Dunkelheit, sondern schützt dieses Mal sogar mehr als das laikerianische Imperium, schützt unsere Zukunft. Wir vertrauen euch und eurer Tatkraft.

Um als Speerspitze für den Gegenschlag im Norden zu dienen ist auch die 8. Legion, die Legio Cruentus, unter Ducem Gaius Julius Varus nach Norden gezogen. Unbeschreibliche Szenen des Jubels spielten sich bei deren Abmarsch aus Laikeria Stadt ab. Die Straßen wurden in ein Meer aus Blüten verwandelt und kein Legionär ging, ohne kleine Ehrbezeugungen, wie Blumengestecke, bestickte Wämse, eine neue Decke oder andere Aufmerksamkeiten von den dankbaren Bürgern erhalten zu haben. Vieles konnte auf dem Marsch gen Norden nicht einmal mitgeführt werden und wird in den Zeughäusern an neue Rekruten ausgegeben, die sich in hoher Zahl freiwillig melden. Varus wurde mit den persönlichen Glückwünschen des Triumphirates nach Norden entlassen und versprach in einer Ansprache zum Volk auf dem Forum binnen eines Jahres nur siegreich oder tot zurück zu kehren. Der Jubel war auch bei der Landbevölkerung groß und viele Bauern brachten ihre besten Erzeugnisse freiwillig und um ihren Teil beizutragen, zu den Marschierenden. Der Adler ist aufgestiegen, um seine Beute zu suchen!

Die Äußerungen der freien Opposition, das Hunger und Furcht herrsche, kann angesichts dieser Bilder nur mit einem Kopfschütteln und einem gutmütigen Lächeln zurückgewiesen werden. Die Flüchtlinge aus dem Norden werden über Auffanglager versorgt und verteilt und es kann kein Zweifel herrschen, dass diese bald auf ihre Ländereien zurückkehren können.

Der Vorstoß des Feindes findet unter furchtbaren Verlusten für jenen statt. Die Fußsoldaten des Nordens werden ohne jedes taktische Geschick von ihren Herren, denen es zu gefallen scheint dem Streit nur aus der Sicherheit der hintersten Reihen beizuwohnen, den Klingen der tapferen Legionäre überantwortet, die bereits im Kampf stehen. Diese Kreaturen werfen sich, mit Fetzen und fremdartigen Waffen angetan, ohne Rücksicht auf sich selbst in die Schlacht. Doch muss gesagt werden, dass sie ob ihrer hohen Zahl noch immer vorrücken. Noch wurde keine Legion im Kampf geschlagen, aber Entsatz ist nötig. Die 12., die 43. und die 23. befinden sich unseren Informationen zufolge aktuell im direkten Kontakt mit dem Feind und lassen ihn für jeden Meter laikerianischen Bodens bluten. Die 77. und die 50. Legion graben sich kurz hinter den Stellungen ersterer ein, um gemeinsam mit ihnen den Ansturm zu stoppen, bis die Zwerge und die 8. ankommen. Die Versorgung der Truppen ist soeben neu organisiert worden, um bisher vorhandenen Engpässen, wegen der schlechten Ernten im Norden, der Kälte und der Grippewelle entgegen zu wirken. Die Erfolge dieser Neustrukturierung sollten baldigst sichtbar werden.

Redaktion

Caligae et Lorica
Laikeria Stadt
Ende März 5025

Wir verbleiben in dem Glauben an euren Sieg:

Titus Viktor Drusus & Cornelia Rosa Flavia
Redakteure

Erstellt unter Erlaubnis von:

Gnaeus Paulus Avidias, Consul

Zunehmende Armut in Aklon-Stadt.

Die Anzahl der Personen, die bei der täglichen Gnadenküche am Hintereingang des Königspalastes zu Aklonstadt Nahrungsreste zu ergattern hoffen, steigerte sich in den letzten Wochen enorm. Speziell Landbevölkerung scheint teilweise Haus und Hof zurück zu lassen und sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die große Stadt aufgemacht zu haben.

Doch warum? Hat der Krieg das Land bereits erreicht? Sollte eine Invasionsarmee aklonischen Boden betreten zu haben? Die Aussagen jener armen Menschen, die beim Gedanken an die große Stadt immer nur Prunk und Reichtum, Stärke und Heiligkeit vor Augen hatten lassen sich kaum zu einem, dem einfachen Menschen verständlichen Bild vereinen.

So berichtet eine Matrone von der Westküste vom Anlanden einiger schlanker Schiffe. Vorsichtshalber gingen sie und ihre Familie fort um als Handwerker zu arbeiten. Dass jedoch die Gilden die Patente nicht jedem ausstellten war ihnen nicht bewusst. Ihr Mann, so sagt sie, habe bereits 20 Jahre als Sattler gearbeitet und ihrer Familie immer ein ordentliches Zubrot beschert und ausgerechnet hier darf er dem Handwerk nur nachgehen, wenn er sich als Lehrling einschreibt und dafür auch noch bezahlt! Nur fünf Jahre später dürfe er sich dann vielleicht einen Gesellen nennen, dass er Meister werden könnte, was er sein müsste um selbstständig zu arbeiten, stehe außer Frage, da es genug ehrliche Betriebe in diesem Bereich gäbe.

Von der Südküste sind die Berichte schreckenerregender: Ein halbes Dorf habe sich von dort fortgemacht, da es nahe ihrem Weier umgehen würde und der Herr der Ländereien dies auch noch gutheißen würde. Sie verrichteten eines Tages ihr Tagwerk als von der Küste Segel gemeldet wurden. Man erkannte mindestens ein halbes Dutzend Schiffe mit fremdartiger Takelung und seltsamen Zeichen auf den Dreieckssegeln. Es blies kaum eine Brise aber die Schiffe schoben sich, getrieben von langen Rudern vorwärts. In der Dämmerung kamen die Boote in Rufweite, doch man hörte angeblich, außer dem gleichmäßigen knarren der Ruder keinen Laut von den Schiffen, auch waren sie ohne jedes Licht unterwegs und schienen sich nicht mit um Ebbe und Flut, um Seezeichen oder Zurufe zu scheren. Also zog man sich, da es jedermann langsam mit der Angst zu tun bekam, zurück und verriegelte due Türen. Ein Läufer wurde ausgeschickt, dem Herren Grafen bescheid zu geben. Als der Läufer atemlos wiederkam musste er erst mit einem starken Branntwein aufgepäppelt werden, bevor er zu sprechen beginnen konnte. Der Graf hätte ihm versichert das alles in Ordnung sei und er uns beruhigen sollte, fürderhin sollte er uns sagen, dass wir über diese Vorkommnisse kein Wort zu verlieren hätten, es würde die anderen Dörfer nur unruhig machen. Auf dem Rückweg dann bemerkte er im Nebel einen hohen Kasten der sich auf ihn zuschob. Schnell schlug er sich in die Büsche, um den Kasten kurze Zeit später als eine Art getragene Kutsche zu erkennen. Oben drauf saß ein dicklicher Mann mit ernstem Gesicht und seltsamen Zeichen, die auf seine Wangen gemalt waren. Doch was ihn endgültig schockierte waren die Träger dieser Kutsche. Ohne jeden Laut gingen sie Schritt um Schritt voran, gekleidet wie Diener mit Tüchern um ihre Köpfe, doch mit den eingefallenen Gesichtern von Verstorbenen. Hier wandelten die Toten und dienten ihrem seltsamen Meister. Ein Meister der offenkundig unterwegs war um sich mit dem Grafen zu treffen. Noch in dieser Nacht packten viele ihre Siebensachen und am nächsten Morgen machten sie sich, ohne noch einmal einen Blick auf den Strand zu werfen auf nach Aklon-Stadt, um Sicherheit zu finden und den Priestern und den amtlichen Stellen zu berichten. Diese hatten wohl versichert, dass sich darum gekümmert werden würde…

Eine Familie aus Camberion berichtet von seltsam angetanen Waffenknechten in schillernden Farben die eines Tages auf dem Landwege über die Wilden Lande kamen. Sie nannten sich Dalomasieri, sprachen auf exotische Weise und seinen unterwegs um ihr Glück an einem Treffpunkt zu suchen, wo man tatkräftige Männer brauchen würde. Honigsüße Worte sprach ein besonders ausstaffierter, bärtiger Mann und eine Trommel rief dazu. Er besprach die jungen Männer, ob sie denn ewig hier leben wollten, ob sie denn wirklich auf den Äckern glücklich werden könnten und ob sie, wenn der Krieg der heraufziehe, sie denn nicht eh rufen würde, nicht lieber angemessenen Lohn erhalten würden wollen, als nur für das Lehen, das nichts, das ihnen all die schmutzige Arbeit beschere. Dies käme nämlich auf sie zu, wenn erst der König alle Männer zu den Waffen rufe. „Die schmutzige Arbeit“ sagte er, als ob das bestellen des Bodens nicht auch ehrbar wäre! Die älteren durchschauten ihn, doch einige junge Männer ließen sich von den Scheinen blenden, die er ihnen als ersten Sold versprach. Natürlich müssten sie zuerst als Einfachste dienen, da ihnen ja das Rüstzeug fehle, doch so etwas würde sich schon finden, spätestens nach dem ersten, natürlich siegreichen, Waffengang. Bis dahin würden sie eine gute Lehre erfahren und sollten sich behelfen mit was auch immer sie finden könnten. Am Abend wurde es richtig schlimm. Die jungen und die Waffenknechte zechten erst in der Gaststätte, konnten dann die Zeche nicht zahlen, schoben die Schuld auf den Gastwirt, der ihnen bis dahin immer ein Freund gewesen war, und zerschlugen ihm die Stube. Während dies vonstatten ging nahmen andere dieses Haufens was nicht niet- und nagelfest war. Werkzeuge, einige Schweine, Salzfleisch, sogar eine Wagen mitsamt Gespann, bunte Stoffe und mehr wurden fortgetragen. Und als sie am morgen dann endlich gingen nahmen sie unser aller Bestes mit sich fort. Ein Blick auf einige der jungen Frauen genügte um zu wissen, dass sie auch jenen, freiwillig oder unfreiwillig etwas genommen hatten. Eine Beschwerde erreichte den Hof des Lehnsherren zu spät, das Pack war fortgezogen und überhaupt: Was hätten sie denn getan? So lange genug Männer da seien, um das Lehensaufgebot zu stellen solle man sich nicht grämen, Der Krieg käme und er ernähre sich nun einmal selbst. Dieses fehlen der Gerechtigkeit veranlasste die Familie es dem Haufen nachzutun und auch nach Aklon-Stadt zu gehen, wenn schon nicht um ihren Jungen wiederzufinden, so zumindest um unter den Augen des Königs unter gerechteren Umständen zu leben.

Ein Matrose von der Südostküste, der vor kurzem von einer Handelsfahrt nach Shai-Anarat zurückkehrte erzählte folgendes: Wie ein jeder wüsste, hätte Shai-Anarat große Mühen auf sich genommen einen Riegel um das Herrschaftsgebiet von Heshrar zu legen. Jener Riegel scheint immer noch intakt zu sein. Allerdings herrschte an dem Handelspunkt den sein Schiff ansteuerte große Aufregung, da einige Karawanen, die zwischen dem Riegel und der Küste unterwegs waren niemals an ihrem Bestimmungsort ankamen. Außerdem wurde ein Fischerdorf in der Nähe komplett niedergebrannt. Die Pirogen dieses Ortes sollen wiederum verwendet worden sein um hochseetaugliche Schiffe des Sultans aufzubringen. Wie es gelingen konnte, dass mehrere Dhau durch diese flachen Schiffchen gekapert werden konnten bleibt ein Rätsel. Der Sultan wiegelte allerdings ab und erklärte bereits öffentlich, dass die Patrouillen an den Grenzen verstärkt werden würden. Mit welchen Männern bleibt jedoch ein Rätsel.

Die offiziellen Ergebnisse des Rates von Farnau

Die Welt gerät in Bewegung, um sich der Bedrohung entgegen zu werfen. Die Bemühungen sind überall zu spüren und selbst die Niedrigsten können folgende Gerüchte aufschnappen. Diese Gerüchte scheinen eines gemein zu haben, ihren Entstehungsort, die Insel Farnau:

Cahirshiveen

Cahirshiveen entsendet Varkaz-Priester nach Laikeria, um dem Problem der fehlenden Möglichkeiten zur Waffenweihe zu begegnen. Diese dürfen dort sogar (angemeldete) Messen abhalten. Es wurden angeblich einige gerettete Schätze nach Sythia gesandt.

Shai-Anarat

Shai-Anarat behält seinen Null-Toleranz-Kurs gegenüber Heshrar bei. Die Truppen der Sultane bleiben an der Grenze zu Heshrar stehen. Shai Anarat betrachtet Heshrar als ebenso große Gefahr wie Kolte.

Borbano

In Borbano wurde dem Glauben an Malagash, welcher speziell im Süden des Landes verehrt wurde auf Weisung der Obrigkeit hin abgeschworen. Große Teile der Heimatarmee wurden, wie in einem älteren Vertrag festgehalten, nach Laikeria entsandt, um dort den Kampf gegen Kolte aufzunehmen.

Raikal

Raikal hat versichert, malagitische Tendenzen in ihrem Staatsgebiet zu unterbinden. Fürderhin erklärte sich Raikal bereit Übergriffe auf die Handelsschiffahrt einzuschränken und ihre Schiffe für Truppen- und Vorratstransporte zu vermieten. Leichte Spähereinheiten wurden als Unterstützung gegen den Kampf gegen die Kolten nach Laikeria entsandt.

Sythia

Der Kaiser hat versichert ebenfalls malagitische Tendenzen einzudämmen. Fürderhin wurden Abteilungen der Fremdenlegion nach Vuanaka und nach Laikeria gesandt.

Anguir

Da Dabruth McMarnoch keine Gesandten schickte, verblieben nur Vertreter eines Clans, der sich noch immer öffentlich gegen dessen Herrschaft stellt. Dieser erklärte sich bereit, Hilfe in Form von Männern zur Bekämpfung Tyrbolds nach Helingard zu entsenden, allerdings ist zweifelhaft ob es sich dabei um mehr als eine Handvoll handelt.

Lir

Lir hat begonnen umfangreiche Handelsbeziehungen zu verschiedenen Staaten, unter anderem Aklon und Sythia, aufzunehmen. Beide lirischen Legionen und damit die gesamte Kampfkraft Lirs außer der Zarengarde, wurden umgehend nach Laikeria berufen. Lirer Waffen werden wieder in alle Welt exportiert, wobei die Masse der Produktion, gemäß bestehender Verträge, nach wie vor durch Laikeria aufgekauft wird.

Aklon

Aklon zog Truppen von der Nordgrenze ab und entsandte ein Lehensaufgebot von einigen Tausend Kämpfern zum Sammelplatz des Kriegsrates (s.u.). Fürderhin wurden Lebensmittel nach Laikeria geliefert. Verillion schließt sich hierbei Aklon an.

Zwerge des Kobaldgebirges

Die Zwerge des Kobaltgebirges entsandten 5000 Krieger sowie Festungsbaumeister nach Laikeria, die dort umgehend zum Einsatz zu kommen. Nach allen Schätzungen ist dies ein Großteil der kampffähigen zwergischen Bevölkerung des Kobaltgebirges. Neben den bisher direkt betroffenen Reichen Laikeria, Cahir Sheveen und Anguir unternehmen die Kobaltzwerge somit die größte Anstrengung aller Staaten, um die koltische Bedrohung zu bekämpfen.

Heshrar

Heshrar hat durch annähernd alle anwesenden Staaten und Glaubensrichtungen Akzeptanz als Staat erfahren. Sie erklärten sich bereit Truppen und vor allem eine maßgebliche Anzahl vom Nekromanten nach Laikeria zu entsenden.

Laikeria

Laikeria hat eine neue Herrschaftsform. Der Kaiser wurde für tot erklärt und drei Consule haben jetzt, als Triumphirat, die Macht im Staat. Jene entstammen im weitesten Sinne allesamt dem Militär. Der malagitische Glaube wurde verboten, die Tempel werden systematisch niedergebrannt und die Priester gefangen gesetzt. Die Grenze nach Aklon und Urs Sanktum wurde größtenteils von Truppen entblößt und fast alle Waffenfähigen befinden sich an der Front im Norden oder im Eilmarsch dorthin.

Fürderhin wurde Folgendes festgehalten:

In den Verhandlungen einigte man sich darauf ein Bündnis zum Zwecke der Abwehr Koltes einzugehen. Dieses Bündnis soll nach dem Ende der Kriegshandlungen noch ein Jahr und einen Tag Gültigkeit haben. Es sieht vor, einen allgemeinen Waffenstillstand zwischen den Vertragspartnern festzuhalten, sowie den Handel mit Waffen und Lebensmitteln zu erleichtern. Außer dem Embargo Shai-Anarats gegenüber Heshrar wurden alle Handelsembargos aufgehoben. Außerdem soll ein ständiger Kriegsrat gebildet werden, an dem sich alle beteiligen, ob durch Generäle oder Gelehrte. Insofern möglich soll der teilnehmende Staat über ein eigenes kleines Kontingent von Truppen verfügen, welches schnell zum Einsatz gebracht werden kann. Der ständige Ort des Rates wird die Grenze zwischen Camberion (im Norden Aklons) und Laikeria sein. Jener Rat soll den Herrschern Handlungsempfehlungen geben. Offiziellen Gesandten und den Einheiten der Gesandten ist freies Geleit zu gewähren. Verifiziert wurde dies durch folgende Reiche und Personen, festgehalten durch die Schreiber Wit Nesuti Heritus:

Laikeria vertreten durch Millitärtribun Sulla
Aklon vertreten durch Reichsritter Tallian von Drachenbach
Sythia vertreten durch Conde Vigo de la Capone
Heschra vertreten durch Wit Nesuti Herritu
Verillion vertreten durch Rogard aus Nymphenhain
Kobaltgebirge vertreten durch Rox Grolsch
Lir vertreten durch Alexander Stern
Cahir Scheveen vertreten durch den Gesanten des Cahirdan
Borbano vertreten durch Ritter Arthur von Gailsdorf
Anguir vertreten durch Clansführer der Mc Ruges
Shai Anarath vertreten durch Jussuf Allibaba, Diener des Ziegenhirten

McMarnoch scheint einzulenken und sucht die Aussöhnung mit den Clans im Exil.

In einer Taverne, deren Serviermädchen dafür stadtbekannt sind für ein angemessenes Trinkgeld besonders großzügig einzuschenken, wechselt ein junges Ding nahe der Sperrstunde einige freundliche Worte mit dir:

Dinge erlebt man hier, dass glaubst du gar nicht. Erst letzte Woche! Da stehen am frühen Abend plötzlich vier Kerle wie Bäume in der Tür. Anguirer, wie man unschwer erkannte. Bei denen muss man ja immer Acht geben, entweder sie trinken dir den Keller leer und fangen dann Streit an oder sie fangen erst Streit an und begießen dann die zünftige Schlägerei, während die anderen Gäste ihre Zähne suchen müssen. Ich habe dem Wirt schon gesagt, dass ich nie wieder Blut aufwischen möchte, soll er doch die Späne dicker streuen lasse … aber ich schweife ab.

Tja, da standen sie nun, und sie wirkten nicht unbedingt wie die redselige Sorte, die spät am Abend alte Waisen singt. Sie wirkten wie Veteranen eines Schlachtzuges. Zusammengekniffene Augen und Narben an den Armen zeugten von ihrer Vergangenheit. Die Waffen, die sie zumeist über den Rücken geschnallt hatten waren gepflegt, aber benutzt.

Sie wählten einen Tisch am Rand und setzten sich klar abgegrenzt zu allen anderen hin.

Zu meiner Überraschung verlangten sie nicht nach rotem Fleisch und dunklem Bier, sondern nach verdünntem Wein und Obst. So etwas hatte ich ja nun noch nicht erlebt, aber vielleicht mussten sie später noch arbeiten. Da die andere Magd ein wenig Bammel vor den Gestalten hatte kümmerte ich mich um Sie.

Was? Ob ich keine Angst gehabt habe? Naja, ich sitze auch mit dir hier, oder?

Sie sprachen nur leise miteinander und mit sonst niemandem. Irgendwann nahte dann die Sperrstunde und die Vier waren noch immer da. Als wir sie baten zu gehen, fragten Sie plötzlich, ob sie nicht die Nacht hier verbringen könnten, da sie einen Freund erwarten würden. Zuerst war der Wirt nicht begeistert, aber als sie einen Beutel mit Münzen auspackten erlaubte er ihnen direkt im Schankraum zu schlafen, da alle Zimmer belegt waren und einige Fuhrknechte schon in der Scheune lagen. Und was macht der alte Bock dann? Er erklärt denen ungerührt, dass ich auch in der Schankstube schlafen würde…Ich könnte ja rufen, wenn was wäre. Der hatte wohl Angst um sein Bier.

Ich hole also mein Bettzeug, und einen kleinen Dolch, und lege mich hinter die Theke. Die vier ließen sich gar nicht von mir stören. Erst ging es ganz gut und ich konnte ein paar Stunden Schlaf kriegen, aber irgendwann wurde es so kalt, dass ich aufwachte. Ich schaute einmal über die Theke und stellte fest, dass drei von denen sich in ihre Röckchen, erstaunlich wie viel Stoff so ein Ding fasst, eingewickelt haben und vor der Feuerstelle, die noch glomm schliefen und der vierte aufrecht davor saß und darin herumstocherte.

Plötzlich dreht er sich um und grinst mich an … ob ich frieren würde fragt er und nachdem ich es bejahte bot er mir einen Stuhl neben sich an. Ich fasse mir also ein Herz wickle mich in meine Decke, nehme dabei den Dolch in die Hand, halte ihn aber unter der Decke, und setze mich neben ihn. Irgendwas muss ihn wohl amüsiert haben, da er weitergrinste, aber zumindest schob er sein Hackmesser außer seiner direkten Reichweite.

Und plötzlich fängt der Kerl an zu reden als wenn ich seine Betschwester wäre. Ob ich schon einmal von Dabruth McMarnoch gehört hätte. Ob ich wüsste, dass er in Aklon und bei vielen Clans seiner Heimat unrühmliche Beinamen, wie Chaosliebchen hätte. Und er gar eine Geißel geheißen werde, als er sich in den Clankriegen die Hilfe der Hadraner holte…dann wurde seine Stimme leiser. „Die anderen,” so sagte er, „mögen es eine Besetzung nennen, Ich nenne es die einzige Möglichkeit ein zerstrittenes Volk zu einen”. Ich schwieg zu diesem Zeitpunkt, da mir spontan noch mindestens ein halbes Dutzend weiterer wenige schmeichelhafte Kosenamen für den Kopf des McMarnoch Clans einfielen. Außerdem begann mir zu dämmern, welchem Clan diese Vier wohl die Treue gelobt hatten, was sie der politischen Situation zurzeit zu den Feinden meines Heimatlandes machen würde, Ende der laikerianischen Besatzung in Anguir hin oder her. Alle anderen Anguirer die hier durchkamen waren Exilanten. Nie traf ich welche, die es noch immer ihr Heimatland nannten.

„Sie tun ihm unrecht!”, sprach er recht plötzlich und wohl lauter als er beabsichtigt hatte. Sein Blick bekam eine wilde Note. Dann wiederholte er den Satz leiser, als wolle er ihn sich selbst vergegenwärtigen. „Sie tun ihm unrecht … und gerade jetzt beweist er es! Nun! In diesem Moment und zu jeder weiteren Stunde bis alle seine Getreuen mit ihm für unser Land gefallen sind. Weißt du was er getan hat Mädchen? Als die Hadraner gingen ließen sie ihm ihre malagitischen Berater da.” Als er den Namen nannte schlug ich schnell das Zeichen des Rades vor der Brust. „Und dann, vor kurzem, als sie ihm Dinge und Pläne offenbarten, warf er sie heraus. Das war ein Anblick.” Er lachte kurz und heftig auf. „Er ließ sie vor die Tür schleifen und mit Stöcken aus Cleadach heraus treiben. Und er wurde immer grüblerischer … er ließ die Männer wieder unter Waffen stellen und die Küste beobachten. Und er holte immer mehr Männer nach Cleadach. Er spricht ganz offen davon, dass sie unaussprechliches von ihm verlangten. Ihr wisst was man von denen berichtet, die von Tyrbold nach Norden verschleppt werden? Nein? Vielleicht ist es auch besser so… Es braut sich etwas zusammen, dort im Norden. Der Winter ist kälter denn je und die letzte Ernte war mager. Die Soldaten sind schlecht versorgt und Dabruth will immer noch weitere haben. Er hat die alten Religionen wieder gestärkt …”

„Wir holen sie heim”, sprach er dann und ich glaubte ein Glitzern in seinen Augen zu sehen. „Wir werden die Exilanten bitten heimzukommen.” Dann zog er heftig Luft durch seine Nase ein und begann zu zittern. „Bei allen Göttern wir bitten sie, nach Hause zu kommen!” Und plötzlich verlor er sich, er weinte wie ein kleines Kind.

Einige Schwarze Galeeren landen im Tiefseehafen südlich von Söderhavn in Helingard und schließen sich dort mit den Kriegern Tyrbolds des Roten zusammen.

Helingard/ Südhaven/ Zum Wankenden Seebär/ 3.2.5025

Moin-moin mein Name ist Kurt Haventat, ich wohne hier an Helingards Küste.

Kolte sagt ihr, sagt das nicht zu laut…………..

Jetzt ist mir klar warum die Fischbestände immer schlechter werden.

Das Wasser hat den ganzen Sommer über schon Temperaturen, welche nicht zum Füße baden einladen, aber das was ich letzte Nacht beim einholen der Reusen erlebt habe, lässt sich mir schon beim berichten die Nackenhaare aufrichten.

Es war ruhig, ich war mit meinem Sohn Kay draußen um den Fisch einzufahren, Totenstille in der Dunkelheit, nur das Leuchten unserer Laternen brachte etwas Licht in die mondlose Nacht. Ich kann es kaum beschreiben, ein Schwall von Eiseskälte überfuhr mich und drang tief unter meine Haut, das Licht unserer Laternen versank in einem Tief schwarzen Nebel, der Kahn fing wie wild an zu wanken, Wellen türmten sich auf, mannshoch, sage ich dir.

Ein blaues Leuchten war die einzige Quelle, die die Schwärze brach und mich grauenhafte Schemen sehen ließ.

Eine Galeere mit einer Relinghöhe von 10-15 Schritt voll besetzt mit ekelhaften schleimigen aber auch pelzigen Viechern, lange Krallen und säbelförmige Geschwülste an bis zu 6 Armen, Kerle von 3-4 Schritt Größe Missgebildete grunzende Bestien, die uns den Atem stocken ließen. Kay und ich wagten es nicht uns zu rühren und hielten still, selbst als die Galeere unser Netzt Kaschierte und uns in ihr Fahrwasser zog rührten wir uns nicht. Obwohl man das klappern unserer Zähne wohl bis nach Aklon-Stadt gehört hätte.

Und nun pass auf !

Sechs!

Ich sage dir, Es waren sechs dieser gewaltigen Galeeren, mit riesigen schwarzen Segeln und alle müssen voll mit diesen Mutanten gewesen sein. Wir schafften es, unser eigenes Netz von unserem Kahn zu lösen und trieben wankend zwischen den gebrochenen wassern der mächtigen Kiele umher, bis sie uns passiert hatten, alle Sechs.

Du glaubst es nicht?

Was denkst du, wohin sie wollten, wenn sie in die Südbucht reinfahren, welche an der Küste endet.

Überland können auch Kolten nicht segeln.

Geh doch in den Südhaven wenn du lebensmüde bist und schau dich ein wenig um.

Frag sie doch ob sie mit Fisch handeln wollen oder einfach nur die Welt einnehmen.

Ich habe Angst mehr als nie zuvor und wenn du mich fragst, das Ende ist gekommen. Die schwarze Pest aus Kolte wird uns verschlingen, noch ehe unsere Könige einen Gegenschlag auch nur erdenken konnten.

Möge meine Stimme für Hara sich als der richtiger Weg erweisen!

Am 31.01.5025 zogen insgesamt sieben Kontingente in den Nebelring um die Stadt Tagatar.

Zeitungsartikel in der bekannten Akloner Tageszeitung Der „Schild” vom 05.02.2025

Am 31.01.5025 zogen insgesamt sieben Kontingente in den Nebelring um die Stadt Tagatar. Geführt durch Vertreter der ultorianischen Kirche bestand der Heerzug aus Mitgliedern unterschiedlichster Fraktionen. Verschiedene Länder und Religionen hatten Streiter entsandt, um gegen die Bedrohung eines Feindes mitten in Aklon vorzugehen. In den späten Mittagsstunden rückten die Einheiten vor und verschwanden im Nebel. Bis heute gelten sechs der sieben Kontingente als verschollen. Die ca. zwei Dutzend Überlebenden des siebten Zuges, die in den Abendstunden des 31.01.5025 den Nebel wieder verließen, berichten von massiven koltischen Truppen, die sie dort, wo sich in der Zeit vor der Nebelwand das Gehöft „Lennards Hof” befand angegriffen haben. Die Schlagkraft des Feindes soll gewaltig gewesen sein und die alliierten Truppen hatten keine Chance auf Gegenwehr. Selbst den Rückzug überlebten nur Wenige. Gerüchte besagen, es sei den Überlebenden gelungen wichtige Informationen über den Feind und seine Befestigungen in Tagatar zu erlangen. Hier scheint zumindest ein Funken der Hoffnung aus dem Nebel zurückgekehrt zu sein. Es fällt jedoch schwer mit diesem kleinen Trost die Lücken in zahlreichen Familien und anderen Gemeinschaften zu schließen, die dieser schwarze Tag gerissen hat.

Zum momentanen Zeitpunkt geht man davon aus, dass sich knapp 1000 Recken in sieben Kontingenten in den Nebel begaben. Es ist relativ sicher, dass alle Streiter des siebten Zuges, bis auf die wenigen Überlebenden die den Nebel noch am gleichen Tag wieder verlassen konnten, im Kampf für ihren Glauben und ihr Land gefallen sind. Die anderen 6 Kontingente gelten als verschollen. Möge Ultor ihren Seelen den Weg ins Elysium gewähren.

Lobet Ultor

Auf den Straßen Aklon Stadts erzählt man sich,…

… dass die ultorianische Kirche den Besitz von so genannten Geheiminformationen bezüglich des Feindes in Tagatar bestätigt. Der Verfasser des obigen Artikels wurde noch am Tag des Erscheinens aus der Redaktion des „Schild” entlassen. Sein momentaner Aufenthaltsort gilt als unbekannt.

Zeitungsartikel in der bekannten Akloner Tageszeitung „Der Schild“ vom 06.02.5025
Gegendarstellung

Die heilige Synode zu Aklonstadt gibt folgendes bekannt:

Tatsächlich ist der Angriff auf die Stadt Tagatar gescheitert. Abgesehen von dem so genannten siebten Zug , gab es aber kaum Verluste. Bei den anderen Zügen handelte es sich nur um Aufklärungskommandos, die vorrangig Informationen über die Stellungen des Feindes innerhalb des Nebels gewinnen sollten. Durch den heldenhaften Einsatz der kämpfenden Einheit des siebten Zuges und der Tatsache, dass sie mit ihrem Opfer einen großen Teil der in Tagatar stationierten Einheiten des Feindes banden, gelang es den meisten Mitgliedern der Aufklärungskommandos wohlbehalten zurückzukehren. Tatsächlich gab es nur knapp 100 Tote bzw. vermisste Personen. Die gewonnenen Informationen sind von entscheidendem Wert für den Sieg. Der Fall Tagatars liegt nun in naher Zukunft.

Lobet Ultor

Die Kolten im Norden Hadrans stoßen bis Kural vor.

Die Kolten im Norden Hadrans stoßen bis Kural vor. Ein weiterer Heerzug wendet sich nach Osten, überschreiten die Grenze Anguirs, nimmt Sodhail ein und marschiert auf Claedach. Der dritte Heerzug stößt nach Südwesten auf Morum vor. Koltische Verluste werden durch weitere Mutanten ersetzt. Darüber hinaus werden große Mengen von Orks, Ogern und Trollen, die sich den Kolten angeschlossen haben, aus den Orklanden über den Tiefseehafen in Helingard an die Front in Anguir und Hadran verschifft.

Die Hadraner Truppen führen immer noch einen Defensivkrieg und vermeiden größere Schlachten, da es den Hadranern an ausreichend priesterlicher Unterstützung und geweihten Waffen fehlt.

Außerdem sind die versprochenen Hilfskontingente entweder noch nicht eingetroffen oder befinden sich noch an den Sammelpunkten im südlichen Hadran.

Das versprochene, große Kontingent der Kobaltzwerge ist jedoch bereits über Laikirs Narbe gezogen und wurde freundlich aufgenommen. Es scheint, das eine gute Waffenbruderschaft zwischen den Zwergen und den laikerianischen Legionären entsteht. Die frühere Feindschaft scheint vergessen. Außerdem sind einige kleinere, leichte Einheiten Raikaler Späher schon eingetroffen. Man berichtet, das sich die sythischen Fremdenlegionäre, einige Freiwillige aus Borbano, ein Akloner Lehensaufgebot und auch die heshritischen Verbände und Nekromanten auf dem Marsch befinden. Es scheint, das alle Herrscher ihre Versprechen halten.

In vielen Ländern häufen sich Berichte, das koltische Schläfer sich enttarnen und Attentate auf führende Persönlichkeiten aller Reiche verüben.

Ein aklonischer Bauer berichtet leicht angetrunken in einer Taverne nahe Ruma:

Ich schwöre es dir. Bei Ultors Eiern ich habe es gesehen, doch ich greife vor … lass es mich dir von Anfang an berichten:

Vor nicht einmal einem vollen Mond kamen ein gutes Dutzend Ultorianer in unser Dorf. So richtige in weißen Gewändern und sie waren nicht auf der Durchreise, sondern wollten zu uns. Wir dachten uns noch nichts dabei, als sie den Dorfobmann zu einem „speziellen” Gespräch in seinem Heim baten. Es gab schon immer Gerüchte über ihn und das Treiben mit der einen oder anderen Dienstmagd und mehr als einmal hat er die alte Rebecca, unsere Kräuterfrau, nachts auf seinen Hof gebeten. Wir wussten alle, dass ihre Fähigkeiten als Engelmacherin gebraucht wurden.

Ein wenig Sühne für seine Sünden um Fardeas Rad wären angebracht. Doch sie ließen ihn über Stunden und Stunden nicht wieder gehen. Sie schickten alle hinaus, inklusive seiner Frau und mitten in der Nacht begannen seine Schreie über die Felder zu hallen. Seine Frau und seine Knechte begannen zu weinen und wir mussten Rupert zurückhalten nicht zum Hof zurück zu laufen, um seinem Herrn zu helfen.

Seine Frau murmelte etwas davon, dass er in Ruma einige besondere Geschäfte gemacht hätte und er ihr noch stolz davon berichtete, welchen Gewinn er einfahren würde. Das er seinen Thomas sogar auf die Schule geben würde und sie klagte so sehr…

Irgendwann am Morgen war es vorüber und sie führten ihn auf den Dorfplatz, wo sie begonnen hatten Holz aufzuschichten. Er war furchtbar zerschlagen und sie hatten ihn in schwere Eisen gelegt. Er wimmerte und schrie als er ihre Absicht erkannte und wir alle verbürgten uns für ihn, doch sie wollten nichts hören.

Sie banden ihn an einen Pfahl inmitten des Haufens und zwangen einige Knechte Teer auf das Holz zu geben, dann sprachen sie heilige Worte und entzündeten den Haufen.

Diesen Anblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich hoffe er erstickte, bevor die Flammen ihn erreichten. Doch was mich am meisten schockierte ist etwas, dass ich mit keinem in meinem eigenen Dorf zu teilen wagte… als er schon aufgehört hatte zu schreien sah ich etwas auf seiner Schulter hocken. Eine Kreatur, ich kann es nicht anders beschreiben…sie hockte auf ihm, klammerte sich an ihn und ich gebe dir mein Wort, dass sie mich aus den Flammen heraus anstarrte und ihre Augen glühten während sie verging.

Aklon-Stadt

Unglaubliches Entsetzen und Fassungslosigkeit durchläuft das Land wie eine riesige Welle und lässt eine nie gekannte Trauer bei den Menschen zurück, seitdem König Warnulf Torwendil heute morgen den gewaltsamen Tod seiner geliebten Frau Gudrun bekannt geben musste.

König Warnulf wirkte eingefallen und gealtert, als er mit ruhiger Stimme in einer öffentlichen Erklärung auf dem Balkon seines Palastes in Aklon-Stadt die dramatischen Geschehnisse des vorherigen Abends erläuterte.

Die Königin sei mit ihrem Gefolge zum allabendlichen Besuch der Messe aufgebrochen, während er selbst noch mit seinem Beraterstab die aktuelle Weltpolitik erörterte. Wie immer hat die Leibwache Ihrer Majestät die Monarchin und ihre Damen auf diesem Weg begleitet. Frau Gudrun hat nach Beendigung der Messe allein an ihrem privaten Altar Einkehr gehalten, als die 18jährige Hofdame Beata von Steinbrenner einen Dolch aus ihrem Ärmel zog, auf die Königin zustürzte und mit dem Ausruf „für Malagash” die Herrscherin mit zwei Stichen von hinten erstach. Danach lies sie sich widerstandslos abführen.

Als Patenkind der Königin kam Beata von Steinbrenner nach dem Tod ihrer Eltern mit 16 an den Hof in Aklon Stadt und wurde zu einer engen Vertrauten der Königin, sie war in die Betreuung der Prinzen und Prinzessinen ebenso eingebunden wie in die Wohltätigkeitsarbeit der Monarchin.

Nach der Tat wurde Fräulein von Steinbrenner von der Inquisition vernommen und nach kurzem Prozess hingerichtet. Die Indizien sprechen dafür, das die Hofdame von einem Schläferdämon besessen war.

Das Land verliert mit Königin Gudrun Torwendil die beliebteste Königin seid Menschengedenken.

Den Kindern des Königspaares wurde die Nachricht vom Vater persönlich mitgeteilt, sie stehen derzeit unter besonderer Aufsicht durch die Ammen und die Leibwache des Hofes.

König Warnulf bat die Bürger seines Landes mit ihm gemeinsam für die Seele von Königin Gudrun zu beten und schwor Rache für diese verabscheuungswürdige Tat.

Akloner Presse Agentur,
Aklon-Stadt, 01.12.5024

Der Gletscher, der von Kolte auf das Festland zuwuchs, ist an der hadranischen Küste angekommen. Über diese Eisbrücke sind Horden leichter Mutanten-Einheiten unter der Führung von Kolten geströmt und haben einen Brückenkopf gebildet.

Der Gletscher, der von Kolte auf das Festland zuwuchs, ist an der hadranischen Küste angekommen. Über diese Eisbrücke sind Horden leichter Mutanten-Einheiten unter der Führung von Kolten geströmt, um in schneller Folge die wenigen Küstenbefestigungen einzunehmen und einen Brückenkopf zu bilden.

Eine Armee aus vielen Tausend Kriegern folgte dieser Vorhut. Die Heere Koltes starten die Invasion des Festlandes und nehmen den Norden Hadrans von Luruk bis Torsk im Sturm ein. Alle Laikerianischen Legionen werden in den Norden verlegt, um den Vormarsch aufzuhalten. Die koltischen Truppen bestehen zu großen Teilen aus Mutanten, die in den vergangenen Jahren aus Hadran, Helingard und anderen Regionen nach Kolte verschleppt und dort „verändert“ und gezüchtet wurden. Nur die Führung und Eliteeinheiten bestehen aus Kolten.

Noch stehen die laikerianischen Legionen dem Ansturm allein entgegen. Die auf dem Rat vom Farnau zugesagten Verstärkungskontingente anderer Reiche sind noch nicht eingetroffen. Die laikerianische Heeresführung versucht, mit den wenigen Garnisonstruppen und Legionen, die dem Feind zur Zeit gegenüberstehen, den Vormarsch der Invasoren zu verlangsamen. Dabei sollen größere Kampfhandlungen vermieden werden, die aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit und dem Fehlen von magischen und geweihten Waffen in ausreichender Zahl aussichtslos erscheinen. Nach der auf dem Rat von Farnau beschlossenen Erweiterung des Waffenstillstandes mit Aklon, sind sämtliche Legionen in Eilmärschen nach norden in Marsch gesetzt worden.

Im November des Jahres 5024 hat Kolte mit einer großen Streitmacht Cahir Sheveen überfallen und ist bis Tanelinn vorgestoßen. Hier ein detaillierter Bericht der Ereignisse von Flüchtlingen, die nach Vuanaka kamen.

November 5024
Schattenelfische Flüchtlinge, die in großer Zahl nach Vuanaka strömen, berichten von grausamen Ereignissen im Norden:

Tanelinn brennt. Mit dem ersten Schnee des Herbstes legte ein koltisches Heer mit einer Flotte von 200 Schwarzen Galeeren nördlich von Deshak ab und nahm Kurs auf Cahir Sheveen. Ein fahles, grünes Leuchten ging von den Schiffen aus.
Die patrouillierenden Eissegler der Schattenelfen, bereits eine Invasion fürchtend, gaben sofort Warnsignale an die Eisinseln und die Vorposten auf den westlichen Inseln wurden besetzt. In aller Eile wurden die letzten Vorbereitungen getroffen, um die Verteidigungsstellungen bei Kaishizir, Triolan und der Westküste der Tanelinn-Hauptinsel zu besetzen.
Einige Eissegler versuchten mit großem Mut, die Flotte zu verlangsamen und die Galeeren in Scharmützel zu verwickeln, wobei ihnen ihre Geschwindigkeit und Wendigkeit zu Gute kam. Der Erfolg war allerdings begrenzt. Vier Schwarze Galeeren wurden versenkt, die Schattenelfen verloren dabei mehrere Eissegler und zwei weitere wurden manövrierunfähig. Die Schwarze Flotte ignorierte sowohl die eigenen Verluste als auch die leichte Beute der manövrierunfähigen Eissegler und hielt stoisch Kurs nach Osten, nördlich der Inselkette.

Bei der Landung der koltischen Armee auf der Tanelinn-Hauptinsel kam es zu heftigen Kämpfen. Mit Speerschleudern und Katapulten konnten vor der Küste zwei weitere Galeeren versenkt werden. Die Dienerkreaturen brachen ins Eis ein und ertranken, den Kolten jedoch machte das eiskalte Wasser nichts aus.

Die Verteidiger wußten, dass ihnen eine verlustreiche Schlacht bevorstand. Zu wenige Schattenelfen gab es, um einem solchen Angriff von fast 20.000 Angreifern stand zu halten. Erst recht, da sie ihre Kräfte auf verschiedene Inseln aufgeteilt hatten. Die Sklaven, die sie an ihrer Seite in den Kampf zwangen, würden von geringem Kampfwert sein.

Nachdem die Galeeren ihre Rümpfe in den Schnee der Insel gebohrt hatten, sprang als erste Welle eine wilde Horde von Schneetrollen von den Schiffen, die mit ungeheurer Kraft gegen die Verteidiger brandeten. An vielen Stellen durchbrachen sie die Verteidigungslinie. Doch durch den Einsatz massierter Magie wurden sie zurückgeworfen. Schattenelfenmagier brannten mit magischen Geschossen ganze Schneisen in die Kreaturenhorde. Es stank nach verbranntem Fleisch und die Luft war erfüllt vom Kampflärm und den Schreien der Getroffenen.
Die zweite Welle bildeten Mutanten, die sich in so großer Zahl auf die Schattenelfen und ihre Sklaven stürzten, dass die Angegriffenen zwar Mengen von Mutanten niederschnitten, aber durch die schiere Masse überrannt zu werden drohten. Doch auch diesem Angriff konnten die Schattenelfen mit Hilfe mächtiger magischer Artefakte begegnen, die Bündel von Energieblitzen schleuderten und Schutzwälle aus magischer Energie errichteten, die die Mutanten nicht durchdringen konnten. Dennoch waren die Verluste der Schattenelfen hoch und die Kampflinie war dünn geworden.
Dann kamen die Kolten selbst von den Schiffen. Um sie herum war das magische, grüne Leuchten. In gelassener Ruhe schritten sie von den Schiffen und Stille umgab sie. Nur einige hundert Kolten waren es, aber der Anblick der koltischen Kampflinie, die gemessen und scheinbar unaufhaltsam auf den Gegner zu marschierte, ließ den Mut der Verteidiger sinken.
Aber die Schattenelfen hatten das Geheimnis der undurchdringlichen koltischen Rüstungen gelüftet und Schwerter aus Taslynn geschmiedet, die diese Rüstungen durchdringen konnten. Nur waren es viel zu wenige Schwerter und viele ihrer Träger lagen bereits in ihrem Blut am Boden.

Dennoch hatten die Kolten wohl nicht mit solchem Widerstand gerechnet und der Hauch eines Zögerns lief durch ihre Reihen, als die ersten Kolten von mutigen Schattenelfenkriegern niedergestreckt wurden. An den Flanken durch ihre Energiewälle geschützt, ließen die Schattenelfenmagier einen Regen magischer Geschosse auf die Kolten nieder, dem weder ihre dämonische Natur noch ihre Rüstungen gewachsen war. Priester des Varkaz riefen die Wunder ihres Gottes herab und ließen die Gliedmaßen der Kolten zu unbrauchbaren Tentakeln mutieren. Die Schattenelfen schöpften Mut. Die Kolten waren nicht unbesiegbar. Ihre magische Überlegenheit und die Taslynnschwerter konnten den Sieg bringen. Doch im Augenblick der Hoffnung ging ein Schwanken durch den Fluß der magischen Energien. Die Kolten brachten auf einer Sänfte einen schädelgeschmückten Kessel herbei, der alle magischen Energien einzusaugen schien. Die Blitze wurden auf den Kessel umgelenkt und absorbiert. Die Energiewälle implodierten mit ohrenbetäubendem Knall und rissen alle in den Tod, die zu nahe gestanden hatten. Die Trolle und Mutanten strömten um die Flanken und in den Rücken der Verteidiger, wo die nun macht- und schutzlosen Kampfmagier der Schattenelfen ohne großen Aufwand erschlagen wurden, während die Kolten frontal auf die Schlachtreihe der Verteidiger eindrangen. Die Reihe schwankte und brach auseinander. Die letzten Schattenelfen wurden eingekreist und niedergemacht. Wenige entkamen.

Das koltische Heer marschierte daraufhin ohne Zögern auf Tanelinn. Sie wußten genau, wo sie die Stadt suchen sollten, obwohl diese gut verborgen in einer Felsspalte liegt.
Tanelinn jedoch war nahezu leer. Die Vorwarnzeit und die Verzögerung, die ihnen das schattenelfische Heer bei der Landung der Kolten an der Küste mit seinem Blut erkauft hatte, war ausreichend gewesen, um große Teile der Bevölkerung nach Osten und Süden zu bringen. Vor allem aber hatte der Cahirdan angeordnet, alle transportablen Artefakte und jeden Krümel unverarbeitetes Taslynn fortzuschaffen.
Daraufhin wurden die Taslynn-Minen geflutet. In der Kälte Cahir Sheveens gefror das Wasser in den Minen sofort und bildete in den Schächten eine viele hundert Meter tiefe Eisschicht. Die Minen waren auf lange Zeit unbrauchbar gemacht. Wenn Taslynn bisher bereits ein seltenes Gut war, dann wird es zukünftig unbezahlbar sein.

In letzter Sekunde konnten im Großen Tempel des Varkaz zu Tanelinn zwei koltische Schläfer enttarnt werden, denen es fast gelungen wäre, den dort aufbewahrten Schöpfungsfunken an sich zu bringen. Da die Schattenelfen Artefakte besitzen, um die Schläfer zu enttarnen, waren die Schläfer bis zur letzten Sekunde im verborgenen geblieben. Mehrere Varkazpriester starben, als die beiden koltischen Werkzeuge sich den Weg mit Gewalt freimachen wollten. Doch es gelang, die Schläfer zu überwältigen. Der Schöpfungsfunke wurde daraufhin ebenfalls auf schnellstem Wege nach Süden geschafft.

Die Kolten nahmen Tanelinn im Sturm. Doch sie fanden anscheinend nicht, wonach sie gesucht hatten. Aus Wut wurde jedes Lebewesen, das sich noch in der Stadt befand, auf bestialische Weise getötet und die ganze Stadt dem Erdboden gleich gemacht. Der große Tempel des Varkaz wurde so gründlich zerstört, das nichts mehr davon zeugt, dass er jemals existierte.

Es ist unklar, was genau die Kolten in Tanelinn suchten. Das Taslynn, den Schöpfungsfunken, die Schläfer-Artefakte oder den Cahirdan selbst, um endgültig den Widerstand der Schattenelfen zu brechen, die in der Forschung nach Waffen gegen Kolte weit fortgeschritten waren?

Das koltische Heer hat sich noch nicht aus Tanelinn heraus bewegt. Niemand weiß, was die nächsten Schritte sein werden. Die Hilfskräfte der Kolten, Trolle und Mutanten (wenn sie denn Nahrung brauchen), können jedenfalls nicht lange in Tanelinn überleben. Diese Hilfskräfte werden die Kolten aber brauchen, um die Taslynn-Minen wieder freizulegen.

Den Schattenelfen bleibt nun eine lange Flucht über die eisigen Öden ihrer unzähligen Inseln, die ihnen die Möglichkeit geben, sich auf lange Zeit vor den Kolten zu verbergen und einen Guerillia-Krieg zu beginnen.

Doch was geschieht mit Vuanaka?

Bericht eines Eisseglers − Aus dem Norden der Welt verbreitet sich folgende Nachricht wie ein Lauffeuer nach Süden: „Ein Gletscher, eine Brücke aus Eis, wächst von Kolte auf die Küste Hadrans zu und trennt das Nordmeer von der Nebelsee ab. Die beiden Meere werden voneinander abgeschnitten. Keine Schiffe können mehr passieren.“

Shenshaa stand am Bug des schattenelfischen Schnellseglers. Der scharfe Nordostwind wirbelte seine schlohweißen Haare um seinen Kopf, so daß er kaum etwas sehen konnte. Es war bereits Shenshaas fünfte Patrollienfahrt in Reichweite der koltischen Küste. Diese Patrollien waren extrem gefährlich. Bereits 13 Schnellsegler waren von den koltischen Galeeren versenkt worden oder auf hoher See verschollen. Das hinterließ langsam eine deutliche Lücke in der Flotte Cahir Sheveens. Aber es war immer noch besser, einige Eissegler zu verlieren, als irgendwann ohne Vorwarnung eine koltische Invasion Cahir Sheveens hinnehmen zu müssen. Der Wind war so kalt, daß sogar der kältegewöhnte Shenshaa seinen Mantel aus weißem Seehundfell enger um die Schultern zog. Geradezu trotzig starrte er dem Wind entgegen nach Norden, dorthin, wo Kolte lag.

Der Herrscher Cahir Sheveens, der Cahirdan, war anscheinend überzeugt, das die Invasion der Kolten früher oder später kommen würde. Und was lag näher, als daß Cahir Sheveen ein Hauptziel der Kolten sein würde. Schließlich hatten sie, die Schattenelfen, als einzige die Gefahr zur Gänze erkannt. Nur Cahir Sheveen besaß die Technologie, Schwerter zu schmieden, die die Rüstungen der koltischen Paladine durchdringen konnten! Nur Cahir Sheveen besaß das Wissen, Artefakte zu schaffen, die die Schläferdämonen enttarnen konnten! Von den anderen Forschungen ganz zu schweigen. Dieses Wissen mußte Kolte fürchten. Dumm nur, das diese Waffen und Artefakte so schwierig herzustellen waren und so viel des wertvollen Taslynn verbrauchten, daß ihre Zahl gering war. Zu gering, um eine ernsthafte koltische Invasion zurückzuwerfen.

Waren die Forschungen, die die Schattenelfen anstellten, um den Kolten zu begegnen, dem Feind unbekannt geblieben? Das war eine Frage, die sich der Cahirdan ständig stellte. Und nicht nur er. Die Schattenelfen besaßen die Artefakte, um die Schläferdämonen zu enttarnen. Es war eine ganze Reihe dieser Schläfer entdeckt worden. Vor allem in Vuanaka, wo es für die Kolten einfacher war, ihre Spione zu plazieren als auf den gut abgeschotteten Inseln. Aber hatten sie alle Schläfer erwischt? Wie viel Wissen war vor ihrer Enttarnung nach Kolte gelangt? Und zumindest wußten die Kolten, das Cahir Sheveen eine Möglichkeit besaß, die Schläfer zu enttarnen. Demzufolge war es nur logisch, das Kolte zuerst auf den Eisinseln Cahir Sheveens zuschlagen würde.

Also fuhren die Schnellsegler Patrollie. Tag und Nacht, zu jeder Jahreszeit. Bei jedem Wetter. Die Sklaven an Bord waren dem harten Wetter nicht alle gewachsen. Einer war in der letzten Nacht erfroren, drei an Krankheiten oder Erschöpfung verendet. Verschmerzbare Verluste. Es waren noch genug da, um zusammen mit Shenshaas Clanangehörigen das Schiff zu segeln. Noch drei Tage, dann würden sie beidrehen und der nächste Schnellsegler würde ihre Position übernehmen. Dann ging es wieder zurück in die Heimat − bis zur nächsten Patrollienfahrt. So lange, bis die Kolten endlich kamen oder die Schattenelfen keine Schiffe mehr besaßen.

Inzwischen fuhren sie weit südlich auf Höhe der verödeten hadranischen Stadt Luruk. Sobald der Wind sich drehte, war es Zeit, nach Nordwesten abzudrehen. Shenshaa wollte sich gerade abwenden, da sah er etwas unglaubliches. Sie fuhren genau auf einen riesigen Gletscher zu − mitten im Meer, hunderte von Meilen von Kolte entfernt! Wie eine riesige Brücke wuchs dieser Gletscher aus dem Norden heran und teilte das Meer wie eine massive Mauer. Shenshaa brüllte sofort den Befehl zum Beidrehen.

Die Mannschaft reagierte nicht sofort, denn alle starrten den Gletscher an. Shenshaa sprang vom Achterdeck hinunter und rammte dem erstbesten Sklaven seinen schlanken Dolch zwischen die Rippen. Während dieser zusammensank, wiederholte er seinen Befehl mit überschnappender Stimme. Nun kam Bewegung in die Mannschaft, Sklaven wie Schattenelfen rissen das Ruder herum, refften die Segel und zerrten an der Takelage. Doch es war zu spät, der Nordostwind drückte das elegante Schiff gnadenlos gegen die Wand aus Eis. Mit schrillem Krachen brach der Bugspriet und der Rumpf wurde aufgerissen. Shenshaa hatten gerade noch genug Zeit, das Beiboot zu Wasser zu lassen und mit den nötigsten Dingen zu bestücken. Einige der Sklaven liefen noch panisch an Bord des sinkenden Schiffes umher, andere schwammen im eiskalten Meer. Die Unterkühlung gab ihnen nur wenige Minuten, bis sie leblos auf den Wellen trieben. Einer der Sklaven, ein starker Helingarder, kam dem Beibott gefährlich nahe. Ein gezielter Schlag mit dem Ruder beendete seine Bemühungen. Es war nicht genug Platz im Beiboot. Nicht einmal für alle Schattenelfen. Damit die Starken überleben konnten, mußten die Schwachen und Wertloseren sterben. Shenshaa ließ das Segel des Beibootes setzen, während hinter ihm der stolze Eissegler versank. Wieder hatte Cahir Sheveen eines seiner Schiffe verloren.